Berlin. .

Aus der geplanten Mehrwertsteuerreform wird wohl so schnell nichts. Die Regierung hat das Projekt vorerst beerdigt. Finanzminister Schäuble befürchtet, dass es wegen höherer Steuersätze Ärger gibt, dafür aber kaum Mehreinnahmen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will die geplante Reform der ermäßigten Mehrwertsteuersätze auf Eis legen. Wie die „Stuttgarter Zeitung“ unter Hinweis auf Informationen aus Regierungskreisen berichtet, sprach sich Schäuble in internen Beratungen dafür aus, das Projekt nicht weiterzuverfolgen. Der Finanzminister begründete dies damit, dass von einer Reform kaum zusätzliche Einnahmen zu erwarten seien. Offenbar fürchte Schäuble, der zurzeit im Krankenhaus liegt, massive Widerstände gegen höhere Mehrwertsteuersätze, schreibt das Blatt.

Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Finanzminister Wolfgang Schäuble. © Finanzminister fuer Wochen im Kr

Der Regierung liegt ein Gutachten vor, wonach der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent allein für Lebensmittel gerechtfertigt sei. Die meisten Ermäßigungen bei der Umsatzsteuer seien unbegründet und sollten korrigiert werden, urteilen die Gutachter. Der Finanzminister will dieser Empfehlung laut Zeitung nicht folgen. Die Regierung vertagte eine Entscheidung in dieser Frage mehrfach. Im Koalitionsvertrag war festgelegt worden, dass eine Kommission den Katalog der ermäßigten Steuersätze überprüfen soll. Die Kommission ist bis heute nicht ernannt worden.

Sparpaket steht im Vordergrund

In Kreisen der Finanz- und Haushaltspolitiker hieß es, man sei voll und ganz damit beschäftigt, das Sparpaket auf den Weg zu bringen. Es sei wenig sinnvoll, zugleich über die Reform der Mehrwertsteuer zu verhandeln. Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke sprach sich dafür aus, die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag auch umzusetzen.

Auch die Nachrichtenagentur Reuters hatte berichtet, dass die Bundesregierung und die Koalitions-Fraktionen von der Reform abrücken. Ein Grund sei, dass CSU-Chef Horst Seehofer nach Aussage mehrerer Eingeweihter intern sehr deutlich gemacht habe, dass er eine Rücknahme des ermäßigten Satzes von sieben, statt regulär 19 Prozent für das Hotelgewerbe ablehne. Eigentlich hatte die CDU eine Reform schon deshalb angestrebt, weil es in einem Gesamtkonzept die Chance gegeben hätte, die umstrittene Absenkung wieder zu korrigieren. Auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner hatte Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Ohne Hotelsteuer bringt die Reform nichts

In der Koalition hieß es nun, ohne die Hotelsteuer sei eine Reform mangels Masse kaum sinnvoll. Denn von den 23 Milliarden Euro, die sich der Staat die ermäßigten Sätze im Jahr kosten lässt, machen alleine die Nahrungsmittel rund 17 Milliarden Euro aus. Auf kulturelle Leistungen wie Bücher oder Eintrittskarten entfallen knapp zwei Milliarden Euro. Beide Posten sollen nicht angetastet werden. Die Hotels folgen mit einer Milliarde Euro, danach kommen viele kleine Ausnahmen - deren Streichung der Koalition allerdings viel Ärger einbringt.

Dass eine Reform der Mehrwertsteuersätze nach jahrelangem Wildwuchs eigentlich notwendig wäre, wird dabei freilich in der Koalition nicht bestritten. Denn keinem Bürger ist noch zu erklären, warum ein Bund Karotten mit nur sieben Prozent belastet wird, ein Glas Karottensaft aber mit 19 Prozent. Und warum sind beim Maultier nur sieben Prozent fällig, beim Esel aber 19 Prozent, ebenso beim Buch und beim Hörbuch? (dapd/rtr)