Berlin/Düsseldorf. .

Das Steuergeschenk der Regierung an Hoteliers kommt bei den Gästen nicht an – zumindest nicht in Form niedrigerer Preise. Verbraucherschützer verlangen nun Nachweise, was die Mehrwertsteuersenkung überhaupt bringt.

Der Gast staunte nicht schlecht: Das Hotelzimmer, das im September 2009 noch 58 Euro ohne Frühstück gekostet hatte, schlug im Juni 2010 plötzlich mit 62 Euro zu Buche. Vier Euro mehr, oder fast sieben Prozent - ein kräftiger Preisaufschlag binnen weniger Monate.

Dabei zahlen Hotels und Pensionen seit dem 1. Januar statt 19 nur noch den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent. Von dem Steuergeschenk der schwarz-gelben Regierung – allen voran der FDP und der CSU - an die Hoteliers haben die Verbraucher aber offenbar wenig abbekommen.

Wo ist das Steuergeschenk geblieben?

Ein Indiz dafür sind die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Demnach stiegen die Preise für Übernachtungen mit Frühstück seit Januar je nach Monat zwischen 0,2 und 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Sie bewegen sich damit in etwa auf dem Niveau der allgemeinen Inflation. Von der Logik hätten sie zumindest leicht sinken müssen, hätten die Hoteliers mehrheitlich das Mehrwertsteuergeschenk der Regierung an ihre Gäste weitergegeben.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich in den Zahlen des Statistischen Landesamtes NRW ab. Hierzulande sanken zwar die Zimmerpreise im Januar im Vergleich zum Vorjahr kräftig, seit März liegen sie aber wieder stetig über dem Preisniveau des jeweiligen Vorjahresmonats.

Ein Test des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (Vzbv) Anfang des Jahres kam zu einem ähnlichen Ergebnis: Er nahm 600 Angebote zwischen Dezember 2009 und Januar 2010 unter die Lupe. Der Vorher-Nachher-Vergleich fiel entsprechend aus: Nur in sieben Prozent der Fälle waren die Übernachtungen günstiger geworden, fast 14 Prozent der Hotels und Pensionen hatten trotz Steuersenkung sogar die Preise angehoben. Beim überwiegenden Teil änderte sich nichts. Die Mehrzahl der Hoteliers nutzte die Steuerermäßigung zumindest als verdeckte Preiserhöhung.

Den Steuerzahler kostet die Vergünstigung rund 1 Milliarde Euro

Angesichts der aktuellen Haushalts-Spardiskussion fordert der Vzbv jetzt einen Bericht über die Wirkungen der Mehrwertsteuersenkung für Hotels. „Wir wollen Belege haben, was die Senkung gebracht hat“, sagte Sprecher Christian Fronczak zu „DerWesten“. Entweder in Form von Preiserlässen oder Serviceverbesserungen. Könne die Branche das nicht belegen, „muss die Reduzierung wieder zurückgenommen werden“. Es sei niemandem zu vermitteln, dass einerseits Steuergeschenke verteilt würden, andererseits keine Gegenleistung für die Verbraucher zu erkennen sei. Die Bundesregierung hatte die Mehrwertsteuersenkung damit begründet, dass der Tourismusstandort Deutschland gestärkt werden solle. Dazu, so die Verbraucherzentrale, gehörten auch attraktive Preise.

Den Steuerzahler kostet der Steuererlass rund 1 Milliarde Euro pro Jahr, allein dem Land NRW fehlen dieses Jahr geschätzt 80 Millionen, nächstes Jahr 90 Millionen Euro, so das Finanzministerium.

Verband verweist auf besseren Service

Die Hoteliers sehen sich jedoch zu Unrecht an den Pranger gestellt. Ihr Interessensvertreter, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), in NRW räumt zwar ein, dass sich bei den Zimmerpreisen nicht viel getan habe. Eine aktuelle Umfrage des Verbandes unterstreicht dies: Nur jedes dritte Haus senkte seit 1. Januar die Preise. Zwei Drittel kassierte das Steuergeschenk, ohne am Zimmerpreis zu rütteln beziehungsweise erhöhte die Preise.

Thorsten Hellwig, Dehoga-Sprecher in NRW, betont dagegen die Serviceverbesserung. Der Großteil des Geldes fließe in zusätzliche Arbeitsplätze und Investitionen. „Die Folge ist, dass Gäste für ihr Geld eine bessere Leistung bekommen“, sagt er. Hoteliers könnten endlich wieder investieren. Davon profitiere der Staat ebenso.

Eine Rücknahme des Steuergeschenkes, wie sie inzwischen selbst in den Reihen der FDP diskutiert wird, lehnt der Dehoga mit Verweis auf die europäische Konkurrenz vehement ab. „Die Argumente für eine Senkung sind trotz Spardebatte nicht falscher geworden“, so Hellwig. Der Verband geht sogar noch weiter: Auch die Gastronomie soll in den Genuss eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes kommen. „Da müssen einheitliche Regelungen her“, forderte er.

Welche Erfahrungen haben Sie bei Reisen gemacht? Sind die Zimmer billiger geworden oder der Service besser oder aber die Ausstattung? Schreiben Sie uns.