London. .
Papst Benedikt XVI. war offenbar in Gefahr. Die britische Polizei hat sechs Männer festgenommen. Sie stehen in Verdacht, einen terroristischen Anschlag auf das katholische Oberhaupt geplant zu haben.
Die Festnahme von sechs Terrorverdächtigen hat den zweiten Tag des Papst-Besuchs in Großbritannien überschattet. Von den Männern im Alter zwischen 26 und 50 Jahren ging nach Ansicht der Ermittler eine potenzielle Gefahr für Benedikt XVI. aus. Der Papst wurde über die Festnahmen informiert, er hielt aber an seinem Besuchsprogramm fest. „Wir haben volles Vertrauen in die Polizei“, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi.
Fünf der Verdächtigen arbeiteten für ein Straßenreinigungsunternehmen in London. Sie wurden am frühen Morgen an ihrem Arbeitsplatz festgenommen. Zu ihrer Nationalität machte Scotland Yard zunächst keine Angaben. Es hieß lediglich, einige von ihnen seien offenbar keine Briten. Medienberichte, denen zufolge die Männer aus Algerien stammen, wollte die Polizei nicht bestätigen.
Am Abend gab die Polizei die Festnahme eines sechsten Verdächtigen bekannt. Der 29-jährige Mann wurdem demnach in seiner Wohnung festgenommen.
Den Festnahmen am Morgen ging ein entsprechender Hinweis voraus. Eine erste Durchsuchung brachte nach Angaben der Polizei jedoch zunächst nichts Belastendes zutage. Die Männer wurden am Freitag verhört. Es bestehe der Verdacht, dass sie einen Terrorakt in Auftrag gegeben, vorbereitet oder dazu angestiftet hätten, erklärte die Polizei.
Sicherheitsmaßnahmen überprüft
Die Männer arbeiteten laut Polizei für ein Reinigungsunternehmen, das im Auftrag der Bezirksverwaltung von Westminster tätig ist. Allerdings erstreckt sich ihr Zuständigkeitsbereich auf einen Teil von London, der nicht zum Besuchsprogramm des Papstes gehört.
Nach der Festnahme seien die Sicherheitsmaßnahmen für den Papst-Besuch, der noch bis Sonntag dauert, überprüft worden, teilte die Polizei mit. Es habe sich aber keine Notwendigkeit für Änderungen ergeben. Ohnehin waren die Sicherheitsvorkehrungen schon strenger als bei vorangegangenen Auslandsreisen des Papstes. Vertreter des Vatikans erklärten, das Risiko in Großbritannien sei höher als in anderen europäischen Ländern, die der 83-Jährige zuletzt besucht hat - etwa Portugal, Malta und Zypern.
Vatikan-Sprecher: „Situation nicht gefährlich“
Dennoch gab sich Vatikan-Sprecher Lombardi am Freitag gelassen. „Die Polizei ergreift die notwendigen Maßnahmen“, sagte er. „Die Situation ist nicht besonders gefährlich.“ Der Papst sei unbesorgt.
Auch Benedikts Bruder Georg Ratzinger sah keinen Anlass zur Sorge. Die Sicherheitslage sei in der heutigen Zeit mit den modernen Möglichkeiten der Polizei doch gut unter Kontrolle, sagte der frühere Regensburger Domkapellmeister am Freitag der Nachrichtenagentur dapd. Dass sich ein Attentat wie auf Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. wiederholen könne, glaube er kaum, fügte Ratzinger hinzu. Johannes Paul II. war 1981 auf dem Petersplatz vom Türken Ali Agca durch mehrere Schüsse schwer verletzt worden.
Benedikt selbst wirkte bei seinen öffentlichen Auftritten am Freitag entspannt. Am Vormittag wurde er von mehreren tausend katholischen Schülern in einem Vorort von London begrüßt.
Am Abend sprach Papst von Thatcher, Brown und Blair
Am Nachmittag traf sich der Papst in London mit dem Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, dem Primas der Kirche von England. Die beiden Geistlichen begrüßten sich herzlich. Benedikt erklärte, er habe nicht die Absicht, über die Unstimmigkeiten zu sprechen, „die jeder hier zu Genüge kennt“.
Der Vatikan hatte vergangenes Jahr neue Regeln bekannt gegeben, die Anglikanern einen Übertritt zum Katholizismus erleichtern sollen. Angesprochen fühlen sollen sich in erster Linie Gläubige, die der anglikanischen Kirche wegen der Priesterweihe von Frauen und bekennenden Homosexuellen den Rücken kehren wollen. Williams, der seine Verärgerung über das Angebot des Vatikans an konservative Anglikaner nicht verhehlt hat, bekräftigte am Freitag den Willen zur Zusammenarbeit der beiden christlichen Kirchen.
Am Abend sprach der Papst in Westminster Hall vor Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Anwesend waren unter anderen die ehemaligen Premierminister Margaret Thatcher, John Major, Gordon Brown und Tony Blair. Benedikt lobte Großbritannien als Vorbild für Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit. Zugleich beklagte er, dass die Religion, namentlich das Christentum, immer mehr aus der politischen Entscheidungsfindung verbannt werde. (dapd)