Edinburgh. .
Papst Benedikt XVI. soll mit seinem Staatsbesuch in Großbritannien die Beziehungen zur anglikanischen Kirche vertiefen. Ein weiteres Thema sind die Missbrauchsfälle, zu denen sich der Papst offen geäußert hat.
Der Besuch des Papstes in Großbritannien soll die Beziehungen zwischen der katholischen und der anglikanischen Kirche vertiefen. Diese Hoffnung äußerte die britische Königin Elizabeth II., die Benedikt XVI. am Donnerstag in Edinburgh empfing. Auch der Papst hob die gemeinsamen christlichen Wurzeln von Katholiken und Anglikanern hervor.
Auf dem Flug nach Schottland räumte Benedikt so deutlich wie nie zuvor Versäumnisse der Kirche im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern durch Geistliche ein. Es stimme ihn traurig, dass die Verantwortlichen nicht aufmerksam genug gewesen seien und nicht schnell und entschlossen genug gehandelt hätten, sagte Benedikt zu Journalisten.
Eine Krankheit, die nicht geheilt werden kann
Priester, die sich des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen schuldig gemacht hätten, dürften nie mehr Zugang zu Kindern haben, sagte Benedikt. Sie litten an einer Krankheit, die nicht durch bloßes Wohlwollen geheilt werden könne. Die oberste Priorität müsse nun den Opfern eingeräumt werden, um ihnen zu helfen, das erlittene Trauma zu überwinden.
Neben den Missbrauchsfällen wurde der Papst-Besuch von einem „Focus“-Interview überschattet, in dem der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper Großbritannien als „Land der Dritten Welt“ bezeichnete und von einem „aggressiven Atheismus“ in dem Land sprach. Die katholische Kirche von England und Wales distanzierte sich von den Äußerungen des Deutschen und erklärte, diese repräsentierten nicht die Sicht des Vatikan oder der Katholiken ihres Landes.
Desinteresse und Wut
Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sagte am Mittwoch, Kasper habe mit seinen Äußerungen nichts Negatives über Großbritannien sagen wollen. Zugleich kündigte Lombardi an, Kasper werde „aus gesundheitlichen Gründen“ der Reise nach Großbritannien fernbleiben.
Die britischen Medien haben im Vorfeld über die Reise des Papstes eher kritisch berichtet. Bemängelt wurden unter anderem die Kosten des Besuchs in Höhe von zwölf Millionen Pfund (14,4 Millionen Euro). In London waren T-Shirts mit der Aufschrift „Pope Nope“ (zu deutsch etwa „Papst Nein“) zu sehen. Außerdem gab es öffentliche Diskussionen über den Zölibat.
Treffen zwischen Papst und Queen hat Symbolcharakter
Nur etwa zehn Prozent der Briten sind katholischen Glaubens. Das Treffen zwischen dem Papst und der Queen, die zugleich Oberhaupt der anglikanischen Kirche ist, war nicht zuletzt deshalb von großer symbolischer Bedeutung. Der Besuch des Papstes erinnere alle Briten an ihr gemeinsames christliches Erbe, sagte Elizabeth. „Aus Erfahrung wissen wir, dass durch engagierten Dialog alter Argwohn überwunden und gegenseitiges Vertrauen gestärkt werden kann“, erklärte die britische Königin.
Der Papst entgegnete, er wolle dem britischen Volk die „Hand der Freundschaft“ reichen. Bereits auf dem Flug nach Edinburgh hatte Benedikt erklärt, Großbritannien blicke auf eine lange Geschichte des Anti-Katholizismus zurück. „Aber es ist auch ein Land mit einer langen Geschichte der Toleranz.“
Erster Besuch eines Papstes
Es ist der erste Staatsbesuch eines Papstes in Großbritannien. Benedikts Vorgänger, Johannes Paul II., war 1982 lediglich im Rahmen eines sogenannten Pastoralbesuchs ins Vereinigte Königreich gekommen.
Im Mittelpunkt von Benedikts Reise steht die Seligsprechung des von der anglikanischen Kirche zum Katholizismus konvertierten Kardinals John Henry Newman, der im 19. Jahrhundert in Großbritannien wirkte. Zu der Messe am Sonntag erwarten die Organisatoren rund 55.000 Besucher - ursprünglich waren sie von 80.000 ausgegangen. (afp/dapd)