Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist mit dem Abschneiden der Union bei der Europawahl zufrieden. "Es war ein guter Tag für CDU und CSU", sagte Merkel am Montag in Berlin. SPD und Linkspartei beklagten unterdessen, es sei ihnen nicht gelungen, genug Wähler zur Stimmabgabe zu bewegen

Während SPD und Linkspartei die Wunden ihrer Niederlagen bei der Europawahl leckten zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag mit dem Abschneiden der Union bei der Europawahl zufrieden. «Es war ein guter Tag für CDU und CSU», sagte Merkel in Berlin nach Beratungen der Spitzengremien ihrer Partei. Die Union habe ihre Wahlziele «umfassend erreicht». Die Union sei stärker als bei der Bundestagswahl 2005, der Abstand zur SPD sei «sensationell deutlich». Auch gebe es eine bürgerliche Mehrheit in Deutschland.

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Die Europawahl sei «noch keine Testwahl» für die Bundestagswahl, zeige aber einen Trend, sagte die CDU-Vorsitzende weiter. Diesen Trend wolle die CDU nutzen für die nächsten Wochen. Das gebe der Union «Mut und Kraft und Zuversicht». CDU und CSU kamen am Sonntag zusammen auf 37,9 Prozent. Merkel zeigte sich zugleich erfreut über das Erstarken der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Man könne davon ausgehen, dass EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso eine gute Chance zur Wiederwahl habe.

SPD und Linkspartei lecken ihre Wunden

Will keine Führungsdebatte in der SPD: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. (Foto: AP)
Will keine Führungsdebatte in der SPD: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. (Foto: AP) © AP

Trotz des SPD-Debakels bei der Europawahl hat Finanzminister Peer Steinbrück eine Führungsdebatte in seiner Partei abgelehnt. Das Personal der SPD müsse sich im Vergleich zu anderen Parteien nicht verstecken, betonte der stellvertretende Vorsitzende am Montag. Parteichef Franz Müntefering führte die Niederlage der SPD vor allem auf die niedrige Wahlbeteiligung zurück. «Entschieden ist überhaupt nichts zur Bundestagswahl», sagte er. Union und FDP werteten das Ergebnis hingegen als klaren Rückenwind für den 27. September.

Die Sozialdemokraten hatten bei der Europawahl am Sonntag eine historische Niederlage erlebt. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis blieb die Union trotz erheblicher Verluste der CDU mit 37,9 Prozent klar stärkste Kraft. Die SPD sank dagegen allen Prognosen zum Trotz noch unter ihr schwaches Ergebnis der letzten Europawahl und schnitt mit 20,8 Prozent schlechter ab als bei allen anderen bundesweiten Abstimmungen seit 1945.

Linkspartei sieht sich von Klientel im Stich gelassen

Fühlen sich von ihrer Klientel nicht genug unterstützt: Linkspartei-Vorsitzender Oskar Lafontaine (li.) und Lothar Bisky, Spitzenkandidat für die Europawahl. Foto: AP
Fühlen sich von ihrer Klientel nicht genug unterstützt: Linkspartei-Vorsitzender Oskar Lafontaine (li.) und Lothar Bisky, Spitzenkandidat für die Europawahl. Foto: AP © AP

Auch die Linke sucht nun Erklärungen für das Abschneiden bei der Europawahl, das nicht so gut ausfiel wie erhofft. Parteichef Oskar Lafontaine räumte am Montag "Mobilisierungsprobleme» ein. «Inzwischen muss man feststellen, dass die Wählerinnen und Wähler, die Hartz IV beziehen, die arbeitslos sind oder kleine Renten haben, einfach so enttäuscht sind, dass sie bei Europa schon gar nicht mehr zur Wahl hingehen», sagte Lafontaine im Saarländischen Rundfunk und fügte hinzu: «Und das trifft uns natürlich besonders.» Dieses Problem habe aber auch die SPD, die am Sonntag «ein Desaster erlebt» habe.

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Die Linke verfehlte bei der Europawahl das selbst gesteckte Ziel von «10 Prozent plus x». Die Partei erzielte 7,5 Prozent, lag damit aber deutlich vor dem Ergebnis von 2004, als die damalige PDS auf 6,1 Prozent kam. Der frühere Europaabgeordnete der Linken, Tobias Pflüger, machte seinen Parteikollegen André Brie für das Ergebnis mitverantwortlich. Brie hatte am Wochenende mit Lafontaine abgerechnet. Dieser lasse zu, dass «Andersdenkende ausgegrenzt und bestraft werden», sagte Brie dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». «Das war Wahlsabotage», sagte Pflüger der «Berliner Zeitung» vom Montag. «In anderen Parteien würde es Ausschlussverfahren gegen solche Leute geben».

Der Spitzenkandidat der Partei, Ko-Parteichef Lothar Bisky, zeigte sich indes zufrieden mit dem Ergebnis seiner Partei. Er freue sich, dass «die Linke, die zum ersten Mal antritt in der Europa-Wahl, gleich ein gutes Ergebnis hingelegt hat», sagte er am Montag MDR Info. Bisky ergänzte, natürlich hätte man auch mehr gewinnen können.

Müntefering: "Das Spiel ist noch nicht zu Ende"

Der SPD-Parteivorsitzende Franz Müntefering zeigte sich am Montag trotz des Wahl-Debakels kämpferisch. «Wir haben gestern gehofft, wir schießen ein Anschlusstor. Das haben wir nicht geschafft», räumte der SPD-Chef im Deutschlandfunk ein. «Wir liegen jetzt noch ein bisschen zurück, das wissen wir. Aber das Spiel ist auch noch nicht zu Ende.» Das Ergebnis der SPD liege «im Wesentlichen» an der niedrigen Wahlbeteiligung von 43 Prozent. «Bei der letzten Bundestagswahl waren es 78 Prozent, also ein Unterschied von 35 Prozent. Da steckt die Chance, und dafür werden wir weiter kämpfen», sagte Müntefering.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück räumte im ARD-Morgenmagazin ein, dass die SPD auf ihrem Parteitag am kommenden Wochenende in Berlin gegen Enttäuschung und Frustration ankämpfen müsse. «Die Startrampe ist nicht so gut, wie wir uns das vorgestellt haben», sagte er mit Blick auf die Bundestagswahl. Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hatte schon am Sonntagabend erklärt: «Das ist ein enttäuschendes Wahlergebnis, da gibt es nichts drumherum zu reden.»

Union und FDP: Gute Grundlage für die Bundestagswahl

CDU, CSU und FDP werteten ihr Abschneiden dagegen als gute Grundlage für die Bundestagswahl. Die Union habe den Abstand zur SPD auf 17 Prozentpunkte vergrößern können, sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla im Deutschlandradio Kultur. Somit gebe es schon zum dritten Mal in diesem Jahr eine deutliche bürgerliche Mehrheit aus Union und FDP. Kanzlerin Angela Merkel sei durch das Wahlergebnis außerordentlich gestärkt worden.

Auch CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer äußerte sich zufrieden mit dem Ergebnis seiner Partei. Die CSU habe sich mit dem Bekenntnis zu Steuererleichterungen klar positioniert und auch gezeigt, dass diese trotz schlechter Steuerschätzungen möglich seien, sagte er. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel erklärte, die Bürger könnten zwar sehr genau unterscheiden zwischen Europa- und Bundestagswahl, das Ergebnis vom Sonntag sei aber zumindest «ein Fingerzeig» für den 27. September. Insgesamt gebe es «eine gute Ausgangslage für Schwarz-Gelb». (ap/ddp)