Hannover. .
Ungeachtet des Wirbels nach ihren Kruzifix-Äußerungen ist die CDU-Politikerin Aygül Özkan am Dienstag in Niedersachsen zur ersten muslimischen Ministerin Deutschlands gewählt worden. CDU und FDP votierten einstimmig für Özkan. Ministerpräsident Wulff nahm Özkan vor Kritik in Schutz.
Die türkisch-stämmige CDU-Politikerin Aygül Özkan ist am Dienstag zur ersten muslimischen Ministerin in Deutschland gewählt worden. Ungeachtet ihrer Äußerungen über eine Kruxifix-Verbot an Schulen wurde Özkan vom Landtag Niedersachsen als neue niedersächsischen Ministerin für Soziales und Integration bestätigt. Die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP stimmten einmütig für die 38-jährige Juristin.
Der niedersächsische Landtag billigte ebenfalls einstimmig die Ernennung der bisherigen Brandenburger CDU-Landtagsfraktionschefin Johanna Wanka zur neuen Wissenschaftsministerin und die Übernahme der Ressorts Kultur und Landwirtschaft durch die CDU-Politiker Bernd Althusmann und Astrid Grotelüschen. Im Anschluss wurden die neuen Minister vereidigt.
Özkan hatte sich in einem Interview für ein Kruzifix-Verbot in öffentlichen Schulen ausgesprochen und damit in ihrer eigenen Partei für heftige Kritik gesorgt. Am Montag nahm die aus Hamburg stammende Politikerin ihre Äußerungen in einer Sitzung der CDU-Landtagsfraktion zurück. Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) erklärte damit den Streit für beendet.
Wulff nimmt Özkan in Schutz
Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff hat Özkan gegen Kritik aus der eigenen Partei in Schutz genommen. „Das muss man bedauern. Das ist auch völlig neben der Sache“, sagte der CDU-Politiker am Dienstag im ARD-Morgenmagazin. „Das ist auch in Unkenntnis der ganzen Texte, denn Frau Özkan hat so viel Kluges gesagt, dass wir überzeugt sind: Die wird ein großes Vorbild werden mit ihrer Kompetenz und ihrem Charakter.“ Özkan sollte am frühen Nachmittag in Hannover gewählt und vereidigt werden.
Trotz der Worte von Wulff riss die Kritik an Özkan nicht ab: Der ehemalige bayerische Wissenschaftsminister und Vorsitzende des Arbeitskreises Christsoziale Katholiken (CSK), Thomas Goppel, nannte Özkans Forderung, Kruzifixe aus staatlichen Schulen zu verbannen indiskutabel. Goppel sagte im Bayerischen Rundfunk: „Das ist völlig daneben. Das wird Ministerpräsident Wulff intensiv in den eigenen Reihen aufarbeiten müssen.“
Auf dünnes Eis begeben
Özkan hatte am Wochenende erklärt, dass Kruzifixe nichts in staatlichen Schulen zu suchen hätten, und hatte damit einen Sturm der Entrüstung in der Union ausgelöst. Wulff betonte, Özkan habe sich am Montag in der Landtagsfraktion entschuldigt, „aus eigenen freien Stücken, weil sie natürlich akzeptiert, dass wir in Niedersachsen die Trennung zwischen Kirche und Staat haben, das Neutralitätsgebot, dass wir aber das Ganze zu einem guten Miteinander mit den christlichen Kirchen entwickelt haben und dass wir deswegen Kreuze in Schulen begrüßen“. Özkan habe sich „quasi auf dünnes und glattes Eis begeben, und da kann man schon ins Rutschen kommen“.
Der bisher für Integration mit zuständige niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hat sich am Dienstag zufrieden darüber gezeigt, dass Ministerpräsident Christian Wulff und die neue Sozial- und Integrationsministerin Aygül Özkan (beide CDU) unmissverständlich erklärt hätten, dass die Frage der Entfernung von christlichen Kreuzen aus öffentlichen Räumen nicht auf der Tagesordnung stehe. In einem vorab veröffentlichten Gespräch mit der „Leipziger Volkszeitung“ (Mittwoch-Ausgabe) sagte Schünemann: „Ich bin mir sicher, diese Debatte wird in Zukunft keine Rolle mehr spielen. Der Ministerpräsident und auch Frau Özkan haben erklärt, dass die mit dem Kreuz verbundene Debatte nicht auf der Tagesordnung steht. Das ist gut. Insofern ist alles ausgeräumt.“
Generell begrüßte Schünemann die Berufung Özkans: „Das ist ein Ausdruck von Normalität. Ich habe nicht geglaubt, dass diese Berufung ein derart großes Echo hervorrufen wird.“ Vielmehr sei er der Meinung gewesen, „Deutschland ist da schon weiter“, sagte Schünemann. „Ich hätte mir schon gewünscht, dass es etwas weniger Aufregung gegeben hätte. Das zeigt aber auch, dass wir noch einiges zu tun haben, um das Ziel zu erreichen, normal mit dem Migrationshintergrund umzugehen.“ (afp/apn)