Hannover.

Die designierte niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan provoziert Zoff mit ihrer Partei. Die türkisch-stämmige CDU-Frau spricht sich für ein Kruzifix-Verbot in Schulen aus. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe entgegnete am Sonntag, das Kreuz habe „selbstverständlich seinen Platz“.

Noch vor ihrem offiziellen Amtsantritt hat die neue niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) für Zündstoff in der Union gesorgt. Özkan hatte sich in Interviews unter anderem für ein Verbot von Kruzifixen an deutschen Schulen ausgesprochen. Zudem forderte sie „ergebnisoffene Beitrittsverhandlungen“ für einen EU-Beitritt der Türkei und stellte sich damit gegen die Linie der Partei.

Kritik für ihren Vorstoß erntete die erste muslimische Ministerin in Deutschland von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Özkan erklärte, ein Kind müsse selbst entscheiden können, wie es sich religiös orientiere. Darum hätten auch Kopftücher „in Klassenzimmern nichts zu suchen“. Für Schulen in kirchlicher Trägerschaft solle allerdings kein Kruzifixverbot gelten.

Gröhe sagte am Sonntag zur Forderung der türkischstämmigen Politikerin: „Ich schätze Frau Özkan sehr, bin aber hier eindeutig anderer Meinung.“ Das Kreuz stehe auch für „die prägende Kraft des Christentums in unserer Kultur“ und müsse daher nach Ansicht der CDU im öffentlichen Raum, auch in staatlichen Schulen, „selbstverständlich seinen Platz haben“, erklärte Gröhe. „Kein Kind wird dadurch beschädigt.“

Der Integrationsbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, bezeichnete die Äußerungen der 38-Jährigen zum Kruzifixverbot als „abwegig und erschreckend“. „Politiker, die Kreuze aus Schulen verbannen wollen, sollten sich überlegen, ob sie in einer christlichen Partei an der richtigen Stelle sind“, sagte Müller. Das Kreuz stehe in der Union für das Fundament „unserer Identität, unserer Kultur und unserer Werte“, fügte er hinzu.

Widerspruch auch bei Äußerungen zu EU-Beitritt der Türkei

Özkan hatte in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Focus“ erklärt, dass christliche Symbole nicht an Schulen gehörten. „Die Schule sollte ein neutraler Ort sein“, sagte sie. Ein Kind müsse selbst entscheiden können, wie es sich religiös orientiere.

Auch in ihren Ansichten zu einem EU-Beitritt der Türkei provozierte Özkan Widerspruch. Dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ sagte die türkischstämmige Hamburgerin, dass die Beitrittsverhandlungen weiter ergebnisoffen betrieben werden. Sie sollten „nicht durch Diskussionen gestört werden, die versuchen, das Ergebnis vorwegzunehmen“. Deswegen sei sie „dagegen, der Türkei nur eine privilegierte Partnerschaft anzubieten“.

Müller hingegen lehnte eine Vollmitgliedschaft der Türkei am Samstag erneut kategorisch ab. „Auch nach noch so langen Verhandlungen wird die Türkei nie zu einem europäischen Staat“, sagte er. Auch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel lehnt eine Vollmitgliedschaft der Türkei ab. Als Kanzlerin wurde sie bisher von den Koalitionspartnern SPD und FDP gedrängt, die Verhandlungen „als Prozess mit offenem Ende“ zu führen.

Erste türkisch-stämmige Ministerin

Özkan ist die erste türkischstämmige Ministerin in Deutschland. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hatte die Muslimin am Montag für sein Kabinett als neue Sozial- und Integrationsministerin vorgestellt. Am Dienstag soll sie im Landtag in Hannover zusammen mit drei weiteren neuen Ministern vereidigt werden.

Nach mehreren Drohungen gegen sie hat das Landeskriminalamt Hannover bereits ein „abgestuftes Sicherheitskonzept“ erstellen lassen, das unter anderem Leibwächter vorsieht. In Niedersachsen werden üblicherweise nur der Ministerpräsident und der Innenminister von Personenschützern begleitet. In mehreren Emails und Foren hatten nach der Berufung Özkans jedoch Unbekannte damit gedroht, dass etwas passiere, wenn sie den Ministerposten annehme. (ddp)