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Die künftige niedersächsische Integrationsministerin Aygül Özkan hat sich im Kruzifix-Streit für ihren Vorstoß entschuldigt. Niedersachsen Ministerpräsident Christian Wulff erklärte am Montag, das Thema sei „erledigt“, sie trage die CDU-Linie. Özkan hatte auch in NRW für heftige Reaktionen gesorgt.
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat die von seiner designierten Sozial- und Integrationsministerin Aygül Özkan (CDU) entfachte Debatte um Kruzifixe an niedersächsischen Schulen für beendet erklärt. Nach einer „breiten Debatte in der CDU-Landtagsfraktion“ habe Özkan akzeptiert, dass Kruzifixe an niedersächsischen Schulen „willkommen und gewünscht“ sind, sagte Wulff zu Beginn der Bundeskonferenz der Integrationsbeauftragten von Bund, Ländern und Kommunen am Montag in Oldenburg. Er fügte hinzu: „Sie trägt diese Linie mit und damit ist das Thema für uns erledigt.“ Das „Missverständnis“ sei nun ausgeräumt.
Özkan, die am Dienstag als erste türkischstämmige Frau als Ministerin in ein deutsches Landeskabinett aufgenommen wird, hatte zuvor in einem Interview gesagt, dass Kruzifixe nicht in staatliche Schulräume gehörten. Damit hatte sie bei zahlreichen Vertretern von CDU und CSU für Entrüstung gesorgt.
Christliche Symbole sind Teil unserer Kultur
NRW-Integrationsminister Armin Laschet ging auf Distanz zur künftigen niedersächsischen Sozialministerin: „Was die religiöse Neutralität angeht, habe ich eine grundsätzlich andere Auffassung. Ich sage ganz klar: In den öffentlichen Schulen Nordrhein-Westfalens bleiben die Kreuze hängen“, erklärte Laschet gegenüber der WAZ-Mediengruppe. Christliche Symbole in Schulen seien „Teil unserer Identität und Kultur“.
Dass die CDU mit Özkan als erste Partei eine Muslima zur Ministerin mache, zeige trotz dieser Differenzen, dass „den erfolgreichen und qualifizierten Zuwanderern auch hohe Staatsämter offenstehen“. Er begrüße das sehr. Die türkischstämmige CDU-Politikerin Özkan hatte sich am Wochenende für ein Verbot von Kruzifixen an öffentlichen Schulen ausgesprochen und damit Teile ihrer Partei noch vor ihrer Vereidigung zur Ministerin gegen sich aufgebracht.
„Fataler Beitrag“ vor der NRW-Landtagswahl
Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach, hat den Vorstoß der neuen niedersächischen Sozial- und Integrationsministerin abgelehnt. „Das ist in der Sache schlicht falsch. Es gibt keinen Grund, das wichtigste christliche Symbol aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen“, sagte der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach der WAZ-Mediengruppe. Wenige Tage vor der bundespolitisch wichtigen NRW-Wahl stellten die Äußerungen Özkans einen „fatalen Beitrag zur Verunsicherung unserer Mitglieder und Wähler dar“, so der CDU-Innenexperte.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sprach am Montag von einem „Dissens in der Einzelfrage“, der jedoch mit einer „ausgesprochenen Wertschätzung für die Person“ einhergehe. Özkan habe inzwischen sehr deutlich gemacht, dass sie die Praxis, Kreuze in Klassenzimmern öffentlicher Schulen anzubringen, nicht in Zweifel ziehe, betonte Gröhe nach Sitzungen von Bundesvorstand und Präsidium in Berlin. Damit habe sie „die entscheidende Grundlage dafür gelegt, in einer Regierung, die sich diesem Kurs verpflichtet fühlt, mitzuwirken“. Özkan soll diesen Dienstag in Hannover vereidigt werden.
Bekenntnis zu einer toleranten Gesellschaft
Gröhe bezeichnete das Kreuz auch in Klassenzimmern öffentlicher Schulen als „Bekenntnis zu einer toleranten Erziehung auf der Grundlage einer durch christliche Wertvorstellung geprägten Gesellschaft“. Für die CDU sei das Kreuz das Symbol der kulturellen Prägung des Christentums im Gemeinwesen. Das müsse auch im öffentlichen Raum möglich sein. Die CDU sei zwar keine religiöse Vereinigung, sagte der Generalsekretär. „Aber wir haben einen Kompass, der ohne Wenn und Aber in christlichen Wertvorstellungen wurzelt.“
„Nur sichtbare Werte sind gelebte Werte“, betonte am Montag Andreas Krautscheid, Generalsekretär der NRW-CDU. „Unsere Gesellschaft und unsere gesamte Werteordnung wurzelt tief in der christlich-jüdischen Tradition und in der Aufklärung“, erklärte Krautscheid. Mit der CDU werde es keine Entfernung von Kreuzen aus Klassenräumen geben.
Zentralrat der Juden unterstützt Özkan
Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, unterstützt den Vorstoß der neuen niedersächsischen Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) für ein Kruzifix-Verbot an Schulen. Kramer sagte am Montag der Nachrichtenagentur ddp, hierbei gehe es nicht um eine „Kampfansage an die christliche Mehrheitsreligion“ in der Bundesrepublik. Vielmehr müsse es „praktische Signale geben, dass die anerkannten Religionen wirklich gleichberechtigt nebeneinander existieren sollen“.
Kramer fügte hinzu: „Damit verträgt sich die Bevorzugung einer Religion in Form von Kruzifixen im Klassenzimmer aber nicht.“ Vielmehr könne in dieser Frage nur das Motto gelten: „Alle oder keine.“ Kramer betonte: „Wenn alle religiösen Symbole im Klassenzimmer aufgehängt werden dürften, hätte ich kein Problem damit - aber eines allein ist schon problematisch.“ Nach seiner Ansicht hätten allerdings religiöse Symbole „weder in Gerichtssälen noch in Schulen etwas zu suchen“.
Kramer fügte hinzu, er habe zwar großes Verständnis dafür, dass etwa in Bayern Kruzifixe in Klassenzimmern auch als Tradition betrachtet würden. Man müsse aber diese Tradition angesichts der veränderten Lage in Deutschland überdenken, wenn man das Ziel der Integration anderer Religionen ernst nehme. Kramer mahnte, es dürfe bei diesem Thema keine „dumme Prinzipienreiterei“ geben. (mit ddp)