Seit Samstag liegt ein Schatten auf der Kulturhauptstadt. Dass sie ihr nächstes Großprojekt, die „Sinfonie der Tausend“, den Toten der Loveparade widmet, ist nur ein hilfloser Versuch, dem Schrecken der Katastrophe zu begegnen, irgendwie.

Ja, es gab die Loveparade auch schon vor der Kulturhauptstadt. Aber wer weiß, ob es sie in diesem Jahr ohne die Kulturhauptstadt gegeben hätte. Schon 2009 empfanden es viele im Revier als peinliche Blamage, dass dieses popkulturelle Großereignis in Bochum abgesagt wurde. Hatte man nicht unter den Mitbewerbern sogar Barcelona ausgestochen?

Kübel voll Hohn und Spott wären über die Kulturhauptstadt ausgegossen worden, über eine selbsternannte Metropole, die sich als zu klein, zu popelig für das Mega-Event Loveparade erweist. Dabei könnte es sein, dass Duisburg wirklich zu klein ist für so ein Millionen-Happening, genau wie Bochum. Ob das so ist, hat kaum noch jemand unvoreingenommen geprüft. Das Ergebnis, dass Duisburg und die Kulturhauptstadt die Loveparade stemmen könnten, stand eigentlich immer schon fest. Alles andere hätten wir alle nicht recht glauben mögen.

Wir erliegen immer noch allzu gern der Magie der großen Zahl: Leben hier etwa nicht fünf Millionen Menschen? Vielleicht sind nicht nur die Verantwortlichen längst Gefangene ihrer Metropolen-Rhetorik, ihrer Versuche, Fakten durch Herbeireden zu schaffen. Unter günstigeren Voraussetzungen war dieses Wunschreden noch als Selbstbewusstseinserweiterung mit dem Dampfhammer zu lesen. Doch der Versuch, Fakten durch Herbeireden zu schaffen, hat eine Eigendynamik entwickelt, die fatal war. Und der Schatten über der Kulturhauptstadt wird nicht mehr weichen.