Berlin. .
Priester dürften wegen der Missbrauchsfälle nicht unter „Generalverdacht“ gestellt werden - davor hat der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, gewarnt. „Verdacht heißt nicht Beweis“, schrieb er in einem Brief an Seelsorger seines Erzbistums.
Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hat die Aufklärung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche zugesichert, aber zugleich vor einem „Generalverdacht“ gegen Priester gewarnt. Der Freiburger Erzbischof zeigte sich am Osterwochenende „bestürzt“ über die „schrecklichen Taten“. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Nikolaus Schneider, forderte eine staatliche Aufklärung bei Missbrauch.
Zollitsch hob in einem Brief an Seelsorger in seinem Erzbistum hervor, dass von der Kirche zu Recht „Aufklärung und Transparenz“ verlangt würden, auch in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft. Er sei selbst „schockiert, beschämt und bisweilen sprachlos“ über solch „abscheuliche Verbrechen“, bekräftigte er. Aber „Vorverurteilungen sowie eine Vermischung von Vermutungen und Fakten“ führten nicht weiter. „Verdacht heißt nicht Beweis“, schrieb er und warnte vor einem „generellen Misstrauen gegenüber allen kirchlichen Mitarbeiterinnen“.
In seiner Osterbotschaft rief der Freiburger Erzbischof die Gläubigen dazu auf, sich jetzt nicht von der Kirche zurückzuziehen. Die katholische Kirche durchlebe „schmerzlich aufrüttelnde und betrüblich turbulente“ Monate. Doch jeder, der sich zurückziehe, fehle der Kirche. Gerade heute gelte es, sich gemeinsam auf den Weg zu machen und die „dunklen Seiten der Kirche“ sowie „die Dunkelheiten in uns“ in den Blick zu nehmen. Dabei dürfe die Kirche jedoch nicht stehen bleiben: „Wir brauchen einen Neuanfang.“
„Wir brauchen eine staatliche Aufklärung“
Der amtierende Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, mahnte am Ostersonntag im Deutschlandfunk, die Kirchen allein könnten die Aufklärung nicht leisten. „Wir brauchen da eine staatliche Aufklärung.“ Nötig sei „ein geordnetes Justizverfahren“, aus dem dann die Kirchen disziplinarrechtliche Konsequenzen ziehen könnten. „Was es auf gar keinen Fall geben kann, ist ein paralleles kirchliches Strafrecht“, sagte Schneider. Im Umgang mit den Tätern riet er daher ausdrücklich zur Anzeige und Strafverfolgung.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) rief die katholische Kirche auf, bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen ein Vorbild zu sein. Die Kirche müsse zeigen, wie ehrlich, konsequent, nachdenklich und selbstkritisch damit umgegangen werden könne, sagte das Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken der „Berliner Zeitung“. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf der katholischen Kirche in der „Welt am Sonntag“ mangelnde Aufklärungsbereitschaft vor. Nötig seien unabhängige Untersuchungen, der Staat müsse hier mehr Druck ausüben. (afp)