Düsseldorf. .

Mit harschen Worten haben CDU, FDP und die Linke auf den neuen Vorstoß von NRW-SPD-Chefin Kraft reagiert. Ihr Vorschlag, Hartz-IV-Empfänger stärker in die Pflicht nehmen, sei nichts ale eine Westerwelle-Kopie. Zudem gebe sie Langzeitarbeitlosen keine Chance mehr.

Der Vorstoß der nordrhein-westfälischen SPD-Chefin Hannelore Kraft für einen gemeinnützigen Einsatz von „Hartz IV“-Empfängern hat heftige Kritik ausgelöst. Der designierte CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid sprach am Samstag in Düsseldorf von einer „Kapitulationserklärung gegenüber allen arbeitsuchenden Menschen“. NRW-Arbeitsminister Karl Josef Laumann nannte es „unerträglich“, dass Kraft einem Viertel der rund 570 000 „Hartz IV“-Empfänger keine Chance mehr einräume. Auch die Linke lehnte den Vorstoß von Kraft ab.

Die Chance, etwas zu leisten

Die SPD-Chefin in NRW will Langzeitarbeitslose für gemeinnützige Arbeiten etwa in Altenheimen oder Sportvereinen einsetzen. „Wir müssen endlich ehrlich sein: Rund ein Viertel unserer Langzeitarbeitslosen wird nie mehr einen regulären Job finden“, sagte Kraft, die auch SPD-Bundesvize ist, dem Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ nach einem am Samstag verbreiteten Vorabbericht. Daher sei es notwendig, einen gemeinwohlorientierten Arbeitsmarkt aufzubauen.

„Hartz IV“-Empfänger ohne Aussicht auf reguläre Arbeit sollten „die Chance bekommen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Gesellschaft etwas zu leisten“, begründete Kraft ihren Vorstoß. Diese Menschen bräuchten ein Angebot, das ihnen eine „würdevolle Perspektive“ gebe. Als Lohn für die langfristige Beschäftigung in gemeinnützigen Jobs reiche ein „symbolischer Aufschlag auf die „Hartz IV“-Sätze“, der ohne Mehrkosten für den Staat realisierbar sei.

Krautscheid: Nur eine FDP-Kopie

Krautscheid warf Kraft vor, keine neuen Ideen und Konzepte für eine bessere Integration von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt zu präsentieren. Stattdessen kopiere die SPD-Landeschefin: Bei FDP-Parteivorsitzendem Guido Westerwelle „müssen Hartz IV-Empfänger Schnee schippen, bei Hannelore Kraft sollen sie im Frühling die Straßen fegen.“ Auf Kraft sollte kein Arbeitsloser seine Hoffnungen setzen, der wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen möchte. Dass es auch anders gehe, zeigten weit über 200 000 neue Jobs, die in Nordrhein-Westfalen seit 2005 zusätzlich entstanden seien.

Laumann betonte, die CDU in NRW gebe im Gegensatz zur SPD „keinen einzigen Arbeitslosen auf“. Der Bundesvorsitzende der CDU-Arbeitnehmerschaft (CDA) forderte Kraft auf, den Modellen der Landesregierung zu folgen und für weitere Kombilohnjobs zu werben. Über 12 000 ehemals langzeitarbeitlose Menschen hätten über dieses Instrument einen Job gefunden.

Die Linke lehnte den Vorstoß ebenfalls ab. Kraft plane „nichts anderes als eine Verschärfung von „Hartz IV““, sagte der designierte Vorsitzende Klaus Ernst. Er verwies darauf, dass es schon heute Ein-Euro-Jobs gebe und dieses Modell nicht funktioniere. „Arbeit ohne Lohn nimmt den Menschen die Würde. So etwas ist mit der Linken nicht machbar.“

FDP-Generalsekretär Christian Lindner erklärte derweil, mit Krafts Äußerungen gestehe die SPD erstmals ein, dass es im Sozialstaat einen Erneuerungsbedarf gebe. Die Sozialdemokraten müssten nun „zu einer Politik des Forderns und Förderns zurückkehren.

Der Regierende Bürgermeister Berlins, Klaus Wowereit, hält in bestimmten Fällen auch Kürzungen der Sozialhilfe für sinnvoll. Wowereit sagte der „Welt am Sonntag“, in bestimmten Milieus sei der Aufstiegswille verloren gegangen. „In einigen Familien sind Arbeitslosigkeit und Sozialhilfebedürftigkeit über Generationen zur Regel geworden“, wird er zitiert. Ein Kind aus einer Familie, in der regelmäßige Arbeit nicht zum Alltag gehöre, sei schwer zu motivieren, sich selbst anzustrengen. „Das ist dann aber nicht die Schuld dieses Kindes. Hier müssen wir helfen“, betonte der SPD-Politiker.

SPD-Basis soll an Hartz-IV-Reform mitwirken

Den alleinstehenden, arbeitsfähigen jungen Mann, der nicht arbeiten wolle, müsse man „notfalls auch durch Kürzungen etwas beflügeln. Wo eine psychologische Hilfestellung notwendig ist, muss die geleistet werden. Wenn jemand durch Alkohol nicht in der Lage ist, muss ein Entzug und eine Therapie organisiert werden“, forderte Wowereit.

Unterdessen berichtete der „Spiegel“, dass die SPD-Spitze die Basis an einer Korrektur von Hartz IV beteiligen wolle. Parteichef Sigmar Gabriel plane, den Mitgliedern in den nächsten Monaten die Gelegenheit zu geben, über die Reform zu debattieren und eigene Stellungnahmen vorzulegen. Nach Angaben aus der SPD-Führung wolle er dabei das gleiche Verfahren anwenden, nach dem die Basis sich zuletzt an der SPD-Entscheidung zur Zukunft des Afghanistan-Einsatzes habe beteiligen können, ohne formal darüber abzustimmen. Einen endgültigen Beschluss wolle die Partei dann beim Parteitag im September fassen. (ddp/apn)