Kiel. Der Weg für Neuwahlen in Schleswig-Holstein ist frei. Der Landtag sprach Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) mehrheitlich das Misstrauen aus. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass ein Ministerpräsident über eine Vertrauensfrage Neuwahlen erzwungen hat.
In Schleswig-Holstein wird es vorgezogene Neuwahlen geben. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) verlor am Donnerstag im Kieler Landtag wunschgemäß die Vertrauensfrage, die er nach dem Bruch der großen Koalition und einem gescheiterten Antrag auf Auflösung des Parlaments gestellt hatte. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik erzwang damit ein Regierungschef auf Länderebene über eine Vertrauensfrage Neuwahlen.
Bei der namentlichen Abstimmung votierten die Abgeordneten von SPD, FDP, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) jeweils mit «Nein». Die CDU-Fraktion enthielt sich überwiegend, auch Carstensen selbst. Einzig Landtagspräsident Martin Kayenburg (CDU) stimmte mit «Ja».
Hitziger Schlagabtausch
In der vorangegangenen Debatte hatten sich die Ex-Koalitionspartner einen hitzigen Schlagabtausch geliefert. Carstensen sagte, die SPD unter Landeschef Ralf Stegner habe die politische Auseinandersetzung zu einem «Dauerkonflikt mit Winkelzügen und Hintertürchen» gemacht. «Dieser Dauerkonflikt schadet Schleswig-Holstein.» Stegner wiederum warf dem CDU-Ministerpräsidenten vor, «den letzten Rest von Vertrauen» verspielt zu haben.
Carstensen sagte, anders als zuletzt müsse er sich bei Regierungspartnern sicher sein können, «dass das, was ich heute mit ihnen verabredet habe, auch morgen noch Bestand hat». Daher wolle er die Wähler um eine neue Legitimation für eine neue, handlungsfähige Mehrheit bitten.
Rückhalt verloren
Stegner trat nach dem Bruch der Koalition erstmals als Oppositionsführer auf. Er sagte, mit dem Erzwingen von Neuwahlen über eine Vertrauensfrage möge Carstensen «kurzfristig mehr Macht» gewinnen. Tatsächlich aber habe der Ministerpräsident den Rückhalt verloren, und zwar nicht nur im Landtag. Carstensen habe in den vergangenen Tagen alles dafür getan, «den letzten Rest von Vertrauen in Sie und Ihre Rumpfregierung endgültig zu zerstören», sagte Stegner unter anderem mit Blick auf die Entlassung der SPD-Landesminister.
Der bisherige Oppositionsführer Wolfgang Kubicki (FDP) betonte, für seine Fraktion gehe es nicht «um die Frage persönlichen Vertrauens» in Carstensen, sondern darum, «ob die Regierung noch über eine parlamentarische Mehrheit verfügt». Es bestehe «kein Vertrauen mehr in die große Koalition». Grünen-Fraktionschef Karl-Martin Hentschel meldete verfassungsrechtliche Bedenken gegen den «Trick der Vertrauensfrage» an. Anke Spoorendonk (SSW) sagte hingegen, der «politische Verfall» habe «längst ein Stadium erreicht, das eine Vertrauensfrage rechtfertigt». (afp)