Berlin. In der Pflegeversicherung droht neues Ungemach für Arbeitnehmer. Angeblich plant die schwarz-gelbe Koalition, den bisherigen individuellen Pflegebeitrag auf einen pauschalen umzustellen. Damit würden sich Arbeitgeber daran nicht mehr beteiligen. Eine Abkehr von "Mehr Netto vom Brutto".

Union und FDP haben sich offenbar darauf geeinigt, die Kosten der Pflegeversicherung vermehrt auf die Arbeitnehmer zu übertragen. Die «Berliner Zeitung» berichtete vorab unter Berufung auf Sitzungsteilnehmer, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe in der Unions-Fraktionssitzung angekündigt, den bisher prozentual auf den Lohn bezogenen Beitrag Schritt für Schritt auf einen Pauschalbeitrag umzustellen. Dies wäre dem Blatt zufolge ein schrittweiser Abschied von der solidarischen Finanzierung der Pflegeversicherung, da bei Pauschalbeiträgen der Arbeitgeberbeitrag wegfiele.

Zunächst solle es nach Koalitionsplänen zusätzlich zur gesetzlichen Pflegeversicherung eine verpflichtende private Zusatzversicherung geben, schrieb die Zeitung. Merkel sagte, der Wahlkampfspruch von Union und FDP, dass die Bürger künftig «mehr Netto vom Brutto» in ihren Geldbeuteln hätten, werde an diesem Punkt schwer einzuhalten sein. Sie führte in ihrer Argumentation auch die steigenden Pflegekosten an, die dadurch entstünden, dass die Lebenserwartung der Menschen steigt.

Deutsche haben Angst vor Pflegebedürftigkeit

Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat ergeben, dass sich drei von vier Deutschen für den Pflegefall finanziell nicht genug abgesichert fühlen. Aber nur zwölf Prozent sorgen zusätzlich zur gesetzlichen Pflegeversicherung noch privat vor.

Insgesamt weckt die Aussicht, im Alter zum Pflegefall zu werden, bei sehr vielen Menschen große Ängste. Selbst bei den Jungen unter 30 verbindet bereits fast jeder Zweite Sorge mit diesem Gedanken. Im Alter zwischen 30 und 60 sind es mehr als 60 Prozent, im Alter über 60 Jahren sogar 82 Prozent.

Zudem fürchten 60 Prozent der Menschen über 60 Jahre, dass sie wegen gesundheitlicher Einschränkungen vielleicht ins Heim müssen. Bei Alleinstehenden liegt die Quote sogar bei 72 Prozent. Bei Menschen mit geringen Einkommen ist die Sorge verbreiteter als bei wohlhabenderen, wie es weiter hieß. «Offensichtlich sehen Personen mit höherem Einkommen für sich eher die Möglichkeit, die im Pflegefall notwendige Unterstützung und Versorgung auch außerhalb stationärer Einrichtungen zu finanzieren.»

Angst haben viele Menschen auch davor, in eine Situation zu kommen, wo sie über ihre medizinische Versorgung nicht mehr selbst bestimmen können. Mehr als jeder Zweite befürchtet, gegen seinen Willen mit Maschinen am Leben erhalten zu werden. 47 Prozent sorgen sich auch, dass sie Entscheidungen ihrer Ärzte ausgeliefert sein könnten. Rund drei Viertel der Befragten sprachen sich dagegen aus, ihr Leben im Fall der Pflegebedürftigkeit unter dem Einsatz aller Mittel zu verlängern.

Verstärkte Kontrollen und Sanktionen

Für die Betreuung im Heim wünschen sich die meisten Befragten vor allem gut ausgebildetes und freundliches Pflegepersonal und zwar in ausreichender Anzahl. 62 Prozent sprachen sich für verstärkte Kontrollen in den Heimen aus, um die Qualität zu sichern. 60 Prozent plädieren für finanzielle Vorteile für Heime, die dabei gute Noten erzielen.

Obwohl viele für den Pflegefall finanzielle Probleme befürchten und die Pflegeversicherung richtig als «Teilkaskoversicherung» einschätzen, schätzen viele ihre finanzielle Situation generell eher positiv ein. Bei Menschen über 60 Jahre befürchtet nur ein knappes Drittel generell finanzielle Probleme im Alter. Jüngere sind da weit pessimistischer: Von ihnen erwarten 57 Prozent, dass sie im Alter in Geldnot kommen.

Befragt wurden 1.804 Personen. Auftraggeber war die Marseille-Kliniken AG. (ap/ddp)