Berlin. FDP und Union drehen einen Teil der Gesundheitsreform zurück: Sie wollen die dreijährige Wartefrist wieder abschaffen, nach der Gutverdienende zu einer Privatkasse wechseln dürfen. Die Frist sollte die Abwanderung aus den gesetzlichen Kassen bremsen. Auch ein Pflege-Riester ist geplant.

Der Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung soll wieder einfacher werden. Union und FDP seien sich einig, die 2007 eingeführte dreijährige Wartefrist wieder abzuschaffen, erfuhr die Nachrichtenagentur AP am Freitag aus den Koalitionsverhandlungen.

Die SPD hatte die jetzt geltende Regelung in der Großen Koalition durchgesetzt, um die Abwanderung von Gutverdienern in die private Krankenversicherung zu bremsen. Demnach muss man drei Jahre hintereinander ein Jahreseinkommen über der Pflichtversicherungsgrenze von derzeit 48.600 Euro erzielen, bevor man von der gesetzlichen in die Privatversicherung wechseln kann. Die PKV war dagegen Sturm gelaufen.

Finanzierungsfragen offen

Beim Thema Pflegeversicherung einigten sich die künftigen Koalitionspartner nach einem Bericht des «Kölner Stadt-Anzeigers» auf den Einstieg in eine «kapitalgedeckte zweite Säule». Anders als bei der Riester-Rente solle die private Absicherung verbindlich eingeführt werden.

Eine Einigung zeichne sich auch in der Frage ab, wie das für 2010 prognostizierte Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 7,5 Milliarden Euro ausgeglichen werden könnte. Neben zusätzlichen Bundeszuschüssen in Höhe von 4,7 Milliarden Euro sollen die Krankenkassen in Eigenregie prozentuale, am versicherungspflichtigen Einkommen bemessene Zusatzbeiträge erheben können.

In der Praxis liefe dies auf eine Erhöhung des sogenannten Sonderbeitrags von 0,9 Prozent hinaus, den Versicherte schon jetzt ohne Zuschuss ihres Arbeitgebers alleine zahlen.

Die Idee kursiert schon seit Tagen. Eine offizielle Einigung über die Zukunft des Gesundheitsfonds und die Kassenfinanzen hatten die Fachleute von Union und FDP in der Nacht zum Freitag aber nicht erzielt.

«Grundsätzliche Unterschiede»

Der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) sagte, es gebe bei der Finanzierung grundsätzliche Unterschiede zwischen Union und FDP. Aus Verhandlungskreisen hieß es, Knackpunkte seien unter anderen der Einstieg in eine individuelle Prämie als Ergänzung des Krankenkassenbeitrags sowie die von der CSU gewünschte «Regionalisierung» des Gesundheitsfonds.

Verbliebene Konflikte müssen in der großen Verhandlungsrunde gelöst werden, die seit dem Nachmittag tagt. Union und FDP haben bereits öffentlich betont, dass die Lohnnebenkosten für die Arbeitgeber nicht steigen sollen. Damit wird es wahrscheinlicher, dass die Kassenmitglieder mehr alleine aus eigener Tasche zahlen müssen. (ap)