Witten. Manche Städte haben sie schon, andere lehnen sie ab, Witten muss sich bald entscheiden: Die Bezahlkarte für Flüchtlinge ist noch nicht vom Tisch.
- NRW überlässt Städten die Entscheidung, ob sie die Karte einführen
- Wittener CDU hatte sich schon für die Bezahlkarte ausgesprochen
- SPD noch keine klare Position, Grüne dagegen
Eigentlich ist die Bezahlkarte für Flüchtlinge deutschlandweit beschlossene Sache. Bundesländer wie NRW überlassen es aber den Städten, ob es am Ende „Plastik“ oder weiterhin „cash“ gibt. Wie verfährt Witten? Es dürfte bald eine Entscheidung fallen - so oder so.
Nordrhein-Westfalen probiert die Bezahlkarte erst einmal in seine Landeserstaufnahmeeinrichtungen aus. Es geht zum Beispiel um Asylbewerber, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, die geduldet sind oder auch abgeschoben werden sollen. Aktuell fallen rund 280 Personen in Witten unter das Asylbewerberleistungsgesetz. Sie wären mögliche Karten-Empfänger und kommen aus 38 Ländern, vorneweg Syrien, Irak, Afghanistan, die Türkei und Nigeria.
Lesen Sie auch
- Bezahlkarte für Flüchtlinge: Das ist der Stand in Witten
- Witten diskutiert Bezahlkarte für Flüchtlinge
- Darum scheitert Bezahlkarte für Flüchtlinge in NRW-Städten
441 Euro stehen Schutzsuchenden in den ersten 36 Monaten zu
Nach Angaben der Stadt haben Alleinstehende in den ersten 36 Monaten ihres Aufenthalts Anspruch auf 441 Euro monatlich. Danach sind es 563 Euro. Solange es noch keine Bezahlkarte gibt, wird das Geld auf ein Konto überwiesen oder als Scheck ausgezahlt. Genau dieser Praxis soll die Karte ein Ende bereiten.
Denn Kritiker des jetzigen Systems befürchten Leistungsmissbrauch, sprich, dass Flüchtlinge Geld in ihre Heimat schicken. Deshalb soll nur ein Taschengeld, etwa 50 Euro im Monat, künftig bar ausbezahlt werden. Mit der Karte könnten die Betroffenen dann in allen Geschäften einkaufen, die sich an dem neuen Bezahlsystem beteiligen.
Für anerkannte Flüchtlinge in Witten ändert sich nichts
Nichts ändern würde sich für die momentan 1114 anerkannten Flüchtlinge in Witten. Hinzu kommen noch einmal über 860 „subsidiär“ Schutzberechtigte, 170 Menschen mit anerkannten Abschiebungshindernissen und 1320 Ukrainer. Viele von ihnen bekommen Bürgergeld.
Die Stadt beziffert die Ausgaben nach dem Asylbewerberleistungsungsgesetz mit knapp drei Millionen Euro im letzten Jahr. Die Wittener CDU und die AfD hatten - jede Partei für sich - die Einführung der Karte bereits beantragt. Wobei die Union ihren Antrag erst einmal wieder zurückzog, da die Umsetzung noch nicht geklärt war.
Die Linke lehnt die Bezahlkarte ab. Sie sieht sich durch aktuelle Ratsbeschlüsse in Großstädten wie Düsseldorf und Dortmund gegen die Karte bestätigt. „Ich hatte den Eindruck, dass alle mit den eingespielten Verfahren zufrieden sind“, sagt Wittens Fraktionssprecherin Ulla Weiß. Noch nicht ganz klar war im letzten Jahr das Meinungsbild bei Rot-Grün. Aktuell will sich die SPD immer noch nicht klar positionieren, während Jan Richter von den Grünen am Wochenende ein „Nein“ seiner Fraktion zur Bezahlkarte signalisierte. „Sie löst nicht die Probleme, die im Raum stehen.“ Im Übrigen sei es gar nicht erwiesen, dass es wirklich einen Missbrauch von Geldleistungen gebe.

Ulla Weiß von den Linken hält die jetzige Lösung in Witten für die praktikabelste. Ganz anders argumentierte die Union vor einem Jahr. Sie glaubt, dass die Bezahlkarte nicht nur einem möglichen Leistungsmissbrauch einen Riegel vorschiebt, sondern auch zu weniger Verwaltungskosten führt. Eine Diskriminierung sieht die CDU in dem Guthaben-System nicht Über die Karte ließen sich viele Bezahlvorgänge abwickeln. „Wir setzen eine unauffällige Gestaltung voraus“, so Fraktionschef Volker Pompetzki im März 2024.
Stadt Witten kündigt Vorlage zur Bezahlkarte im April an
Zurück zum Aktuellen: Da zunächst in den Landesunterkünften mit der Bezahlkarte gestartet worden sei, hält die Stadt eine Einführung in Witten vor April ohnehin nicht für möglich. Aufgrund einer Rechtsverordnung sieht sie sich aber in der Pflicht. „Dieser Verpflichtung muss die Stadt Witten nachkommen und plant deshalb im April einen Ratsbeschluss zur Einführung der Bezahlkarte“, heißt es auf Anfrage.
Übersetzt heißt das: Die Stadt wird der Politik die neue Karte konkret vorschlagen. Dann können ihr nur noch die Fraktionen einen Strich durch die Rechnung machen. Die Verwaltung formuliert es so: „Ob es politische Bestrebungen zu einer „Opt-Out“-Regelung nach Paragraf vier der Verordnung gibt, wird sich zeigen.“ „Opt Out“ lässt den Kommunen in NRW die Wahl: Karte ja oder nein. „Wir wollen das früh klären“, sagt Sozialdezernentin Ann Katrin Frede. Im Falle einer Ablehnung könne man sich die Einführungskosten sparen.