Witten. Für die Wittener Wirtschaft ist es längst höchste Eisenbahn, dass den Unternehmen in Deutschland geholfen wird. Firmenchefs setzen ein Zeichen.

  • Wittener Wirtschaft: Steuern zu hoch, Energiepreise zu hoch und zu viel Bürokratie
  • Bäckerei-Chefin sieht auch Fehler in der Ansiedlungspolitik
  • Protest anlässlich des bundesweiten „Warntags“

Normalerweise haben sie um diese Zeit Besseres zu tun, als sich bei strahlendem Sonnenschein dienstags um zwölf im Wittener Stadtpark zu treffen. Doch die Situation der deutschen Wirtschaft ist ihrer Ansicht nach so ernst, dass dringend ein Zeichen gesetzt werden muss. In diesem Fall am „Böckchen“, der Skulptur am Eingang zur schönen Baumallee zwischen Parkweg und Ruhrstraße. Es gab eine Mini-Demo heimischer Arbeitgeber.

Die kleine Gruppe versammelt sich vor einem großen Plakat in Schwarzrotgold. Es trägt die Aufschrift: „Wirtschaftskrise ist jetzt“ Und weist auf den bundesweiten „Warntag“ am Mittwoch, 29. Januar, in Berlin hin. Die Wirtschaft funkt „SOS“.

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Es sind die bekannten Klagen, die auch die örtlichen Unternehmer äußern. Die Energiepreise sind zu hoch, die Sozialversicherungsbeiträge ebenso, die Bürokratie ist zu groß, die Kosten laufen davon, während die Nachfrage schwächelt, es gibt zu wenig Planungssicherheit, zum Beispiel für Investitionen. Initiator Bernd Voss („Voss Federn“) beziffert die Umsatzrückgänge mit 20 Prozent, Gunnar Lohmann-Hütte vom Traditionsstahlhersteller Friedr. Lohmann spricht sogar von 30.

Wittener Bäckerin: „Hohe Löhne, hohe Steuern, hohe Grundbesitzabgaben“

Unterschiedlicher könnten die Branchen nicht sein, die sich an diesem Tag zum Protestieren treffen. Auch die Spediteure Jörn und Jan Stratmann von WTK sind dabei, ebenso Iris Graßhoff, die Chefin der Backhaus-Kette. „Schön, dass so viele zusammengekommen sind“, sagt Bernd Voss.

Iris Graßhoff beklagt die immer steigenden Aus- und Abgaben. „Das passt alles nicht mehr“, sagt die 61-Jährige. „Hohe Löhne, hohe Steuern, hohe Grundbesitzabgaben.“ Auch die Verwaltungskosten - Stichwort Bürokratieabbau - seien enorm. Allein was ein Administrator koste, der in diesen Zeiten für eine sichere Digitalisierung sorgen müsse. Kurzum: „Der Kostendruck ist immens hoch.“

Wittener Unternehmer machen sich sorgen um Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland

Wirtschaftswarntag 2025
Ziehen alle an einem Strang: Die Wittener Firmenchefs fordern von der nächsten Bundesregierung Maßnahmen gegen die Wirtschaftskrise. Von links: Bernd Voss, Iris Graßhoff, Gunnar Lohmann-Hütte, Jörn und Jan Stratmann, Jürgen Kutsch, Martin Arnhold und Rainer Glingener. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

Um so mehr wünscht sich die Backhaus-Chefin eine belebte Innenstadt, „die von Menschen lebt“. Graßhoff hält es deshalb für einen Fehler, dass die Ärztecenter alle vor der City angesiedelt worden seien. Stahlfabrikant Gunnar Lohmann-Hütte sorgt sich um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Witten und Deutschland. „Es geht darum, die Arbeitsplätze in der Industrie zu erhalten.“ Allein in seiner Firma sind es knapp 400.

Der Lohmann-Geschäftsführer erinnert an die großen Konzerne, die längst Stellen abbauen - wie in Witten zum Beispiel ZF oder auch Pilkington. Nicht umsonst ist auch der Lohmann-Betriebsratsvorsitzende Rainer Glingener mitgekommen. Er fordert vor allem eine Senkung der im Stahlbereich so wichtigen Energiekosten. Und trägt, passend zum Anlass, eine orangene Warnweste.

Die städtische Wirtschaftsförderung ist ebenfalls mit im Boot und der Bürgermeister lässt sich auch noch blicken. „Wir ziehen alle an einem Strang“, sagt Initiator Bernd Voss, während er mit den anderen kräftig an einem Strick zieht. Nach Berlin werden es die Wittener an diesem Mittwoch aber wohl nicht schaffen. Da lag der Stadtpark dann doch deutlich näher. Selbst an einem arbeitsintensiven Vormittag.