Witten. Witten ist mit Hausärzten vergleichsweise gut ausgestattet. Und was das Alter angeht: Auch hier schneidet die Ruhrstadt gar nicht so schlecht ab.
Mit insgesamt 61,5 Hausärzten (Vollzeitstellen entsprechend) liegt der momentane Versorgungsgrad in Witten bei 109 Prozent. Das teilt die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) auf Anfrage mit.
Die KVWL mit Sitz in Dortmund verweist dabei auf den aktuell gültigen Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom November 2024. Das bedeutet: „Es bestehen 0,5 weitere hausärztliche Niederlassungsmöglichkeiten.“ Dies entspricht lediglich einem halben Kassensitz. Heißt: Neue Praxen haben derzeit kaum eine Chance.
- Hausärzte in Witten: So stellen sich Praxen für die Zukunft auf
- Verwirrung um Wittener Praxis: Schließung nun endgültig
- Neues Medizinzentrum in Witten: Die ersten Mieter sind da
Im sogenannten „Mittelbereich Witten“ sind laut KVWL derzeit ein Viertel der Hausärztinnen und Hausärzte älter als 60 Jahre. Zum Vergleich: In ganz Westfalen-Lippe sind es rund 40 Prozent. Also so überaltert, wie man immer denkt, scheinen die hiesigen Allgemeinmedizinerpraxen gar nicht zu sein.
Grundsätzlich ist der Vertragsarzt laut KVWL selbst für die Suche nach einem Nachfolger zuständig. Schließt eine Praxis ohne Nachfolger, kann ihren Angaben zufolge zum Beispiel die Terminservicestelle (Tel.: 116 117) oder die gemeinsame Patientenberatung von Ärztekammer und KVWL (Tel.: 0251 929 9000) Patienten bei der Suche nach einem neuen Haus- oder Facharzt oder einem kurzfristigen Termin unterstützen.

In Westfalen-Lippe fehlen 240 Hausärztinnen und Hausärzte
In Westfalen-Lippe fehlen derzeit rund 240 Hausärztinnen und Hausärzte (Vollzeit), um überall von einer hundertprozentigen Versorgungsquote sprechen zu können. Die KVWL sieht angesichts der Altersquote ein „dringliches“ Nachwuchsproblem. Der demografische Wandel mache auch vor der Ärzteschaft nicht halt.
Gerade im ländlichen Bereich werde die Nachbesetzung von Arztsitzen schwieriger, weil sich viele junge Medizinerinnen und Mediziner nicht mehr für eine (eigene) Praxis entscheiden. „Viele Ärztinnen und Ärzte interessieren sich heute für eine Tätigkeit in Anstellung und in Teilzeit in größeren Praxen, in denen die Verantwortung auf mehreren Schultern verteilt ist und die ihnen eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Arbeit sowie von Arbeit und Freizeit bieten“, heißt es.
„Weiche Faktoren“ spielen für junge Mediziner eine große Rolle
Für junge Ärztinnen und Ärzte, die sich niederlassen wollen, seien auch sogenannte „weiche Faktoren“ entscheidend - von bezahlbaren Mieten für eine Praxis bis zur Kinderbetreuung. Der Politik wirft die KVWL vor, dass „die Praxen in Bürokratie ersticken, finanziell unzureichend ausgestattet und mit nicht ausgereiften Digitalisierungspflichten gelähmt werden“. Was gravierende Folgen habe, sprich einen eklatanten Fachkräftemangel, sowohl beim ärztlichen Nachwuchs als auch den Medizinischen Fachangestellten.

Rund 7,4 Stunden verbringen Ärzte laut KVWL in der Woche beispielsweise mit Verwaltungsarbeit. Statistisch müsse jede Praxis pro Jahr 60 Arbeitstage für Bürokratie aufwenden. So sei immer weniger Zeit für die Patientenversorgung da.
Was den oft kritisierten Honorardeckel der einzelnen Praxen angeht, teilte die KVWL kürzlich mit: „Die geplante Entbudgetierung für die Hausärzte soll doch noch vor der Bundestagswahl kommen.“ Schon Ende Januar könne ein entsprechendes Gesetz verabschiedet werden. „Damit erfüllt die Bundesregierung endlich eine jahrelange Forderung der ärztlichen Selbstverwaltung“, heißt es. Es dürfe aber keine Honorarumverteilung stattfinden. „Erbrachte Leistungen müssen schlicht angemessen vergütet werden.“