Witten. Dem Ärztemangel auf dem Land entgegenwirken – das plant die Uni Witten/Herdecke mit dem Projekt „Local Hero“. Wie das bei Studierenden ankommt.
Nach dem Abschluss geht es (zurück) ins Krankenhaus, das stand für die Medizinstudenten Özlem Duru und Justus Klein eigentlich schon vor ihrem Studium fest. Als Hausarzt zu arbeiten – und das womöglich sogar auf dem Land, war für beide eine wenig reizvolle Alternative. Bis zum letzten Sommer. Die beiden gehören zu den 25 Studierenden, die an der Uni Witten-Herdecke am Projekt „Local Hero“ teilnehmen.
Ziel ist es, angehende Medizinerinnen und Mediziner für das Leben und Arbeiten auf dem Land zu begeistern und so dem Ärztemangel in ländlichen Regionen entgegenzuwirken. Auch die Unis in Bochum, Düsseldorf und Duisburg-Essen beteiligen sich an dem Projekt.
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Wittener Studierende sind von ihren Landarztpraxen positiv überrascht
Dabei gehen die Studierenden zwei Mal für jeweils eine Woche zum Praktikum in eine Landarztpraxis in NRW. Özlem Duru und Justus Klein waren für ihr erstes Praktikum im vergangenen Sommer in Olpe, das zweite absolvierten sie nun noch einmal in denselben Praxen.
Was sie dort erlebten, hatten sie so nicht erwartet: „Der Arzt hat acht von zehn Patienten gleich mit Namen angesprochen. Das war eine sehr familiäre Atmosphäre“, sagt Klein. „Man unterschätzt, wie wichtig eigentlich die Hausärzte sind. Sie kennen ihre Patienten am besten und vermitteln sie, wenn nötig, zu weiteren Untersuchungen an die entsprechenden Fachärzte.“
Den Eindruck kann Özlem Duru bestätigen: „Ich war positiv überrascht, dass die Arbeit als Hausarzt doch abwechslungsreicher ist als gedacht. Da hat das Praktikum mit einigen Vorurteilen aufgeräumt.“
Landarzt-Projekt ist bei den Studierenden gefragt
Auch wenn ein Job als Landarzt für die beiden Drittsemester zu Beginn ihres Studiums nicht denkbar war, haben sie sich freiwillig dazu entschieden, am Projekt teilzunehmen. Alleine waren sie damit nicht, „es gab für die Plätze sogar eine Warteliste“, sagt Duru.
Die gelernte Intensivpflegerin kommt selbst vom Land und wollte deshalb teilnehmen. Justus Klein, der vor seinem Studium vier Jahre als Notfallsanitäter in Köln gearbeitet hatte, wollte mit dem Projekt den Kontrast zur Großstadt erleben, wie er sagt.
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Und bereut haben beide ihre Teilnahme bislang nicht – im Gegenteil. „Die Patienten waren sehr wohlwollend uns gegenüber“, berichtet Klein. „Teilweise wurden sie sogar extra einbestellt, damit wir gewisse Untersuchungen zu Übungszwecken selbst durchführen können. Dass sie das mitgemacht haben, ist ja keinesfalls selbstverständlich.“
Mangel an Kinderärzten auf dem Land nimmt zu
Die Atmosphäre in den Praxen hat bei den beiden angehenden Ärzten durchaus Eindruck hinterlassen. Dass die ärztliche Versorgung aber in ländlichen Regionen mitunter auch ein Problem sein kann, haben sie ebenfalls mitbekommen, wie Özlem Duru sagt. „Dass das Vertrauen der Leute zu ihrem Hausarzt groß ist, ist ja an sich gut. Aber ich habe dort öfter erlebt, dass Leute am Wochenende nicht ins Krankenhaus gefahren sind, weil es ihnen zu weit weg war, und sie lieber gewartet haben, bis ihr Hausarzt am Montag wieder geöffnet hatte.“
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Besonders problematisch sei die Lage bei den Kinderärzten, davon gebe es auf dem Land einfach zu wenige, so Duru. Die Folge: Die Hausärzte übernehmen auch diese Aufgaben.
Studierende werten Projekt ihrer Uni als Erfolg
Die Notwendigkeit, mehr Ärzte für den Landarzt-Beruf zu gewinnen, sehen sowohl Justus Klein als auch Özlem Duru. In ihrem Fall kann das mit dem Projekt der Uni womöglich funktionieren. Zwar haben sie den Großteil ihres Studiums erst noch vor sich und wollen sich dementsprechend noch nicht festlegen.
Sich in ein paar Jahren als Landarzt niederzulassen, können sie sich seit ihrem Praktikum aber sehr wohl vorstellen. Duru: „Ich dachte immer, dass ich nach dem Studium auf die Intensivstation zurück möchte. An die Option, Landärztin zu werden, habe ich bisher nie gedacht. Von daher ist das Projekt in jedem Fall sinnvoll.“
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