Witten. Evonik will sich vom Polyester-Geschäft trennen. Das Werk in Witten soll verkauft werden. IGBCE fordert Lösung für die rund 250 Mitarbeitenden.

  • Der Essener Chemiekonzern Evonik will sich von Geschäftsfeldern trennen, dazu gehört die Polyester-Herstellung
  • Der Standort Witten soll verkauft werden
  • Gewerkschaft IGBCE fordert echte Perspektiven für die Belegschaft

Der Essener Chemiekonzern Evonik will zwei seiner Geschäftsfelder neu aufstellen - damit verbunden sind Standortschließungen und Firmenverkäufe. Betroffen ist neben dem Geschäft mit „Health Care“, also etwa mit Produkten für die Pharmaindustrie, auch die Lack- und Klebstoff-Polyester-Produktion. Eines der wichtigsten Werke hierfür steht in Witten.

Knapp 250 Mitarbeitende sind auf dem großen Gelände an der Arthur-Imhausen-Straße beschäftigt. Früher befand sich dort die „Märkische Seifenfabrik“. Wie es nun an dem traditionsreichen Chemie-Standort weitergeht, ist ungewiss. Fest steht aber: Evonik will sein Geschäft mit Polyestern für Lack- und Klebstoffanwendungen an neue Eigentümer abgeben. Zu dem Bereich zählt neben Witten etwa noch eine kleinere Anlage in Shanghai mit rund 30 Mitarbeitern. Insgesamt macht der Essener Konzern damit einen Jahresumsatz von etwa 150 Millionen Euro.

Suche nach möglichem Käufer für Wittener Werk beginnt noch dieses Jahr

„Die technologischen Kompetenzen unseres Polyester-Geschäfts sind groß“, sagt Lauren Kjeldsen, Leiterin der zuständigen Division „Smart Materials“. Aber um dauerhaft im globalen Wettbewerb erfolgreich sein zu können und die notwendigen Margen zu erwirtschaften, seien Investitionen nötig. Diese könnten andere Unternehmen, bei denen Polyester zum Kernbereich gehört, besser realisieren als Evonik, so ihre Begründung. Noch im laufenden Jahr soll die Suche nach Interessenten beginnen.

Evonik verkauft Standort Witten - wie geht es für die Mitarbeiter weiter?
Evonik will seinen Wittener Standort verkaufen. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Für das Werk wäre es nicht der erste Besitzerwechsel. 1905 als kleine Seifensiederei gegründet, wurden hier später synthetische Fettsäuren und Fette hergestellt, dann wurde auf Polyester umgestellt. Mal gehörte das Werk zur „Imhausen Chemie“, dann zu Dynamit Nobel (ab 1958). 1988 übernahm die Hüls AG (heute Chemiepark Marl), dann Evonik Degussa. Und in Zukunft?

Evonik sucht Käufer, der Geschäft weiterführt

Man sei auf der Suche nach einem Käufer, der den Standort weiterbetreiben und nicht schließen wolle, sagt eine Konzernsprecherin auf Nachfrage. „Und wir gehen davon aus, dass es dann auch gut weiterläuft.“ Ein fairer Umgang mit den Mitarbeitenden sei Evonik bei der Entscheidung für einen neuen Eigentümer ebenfalls wichtig. Ob beziehungsweise in welchem Umfang die Belegschaft übernommen wird, ist bei einer Übernahme aber nie sicher.

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„Die Polyester-Produktion am Standort Witten muss mit ihren Beschäftigten in gute Hände kommen“, fordert deshalb auch Alexander Bercht, IGBCE-Vorstandsmitglied und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei Evonik. Auch die hohen sozialen Standards, die bei Evonik für Mitbestimmung gelten, müssten weiterhin sichergestellt werden. „Die Beschäftigten verfügen über hohe fachliche Expertise und Engagement und haben bis hierhin loyal zum Unternehmen und zum Standort gehalten“, so Bercht weiter. In Zeiten des Fachkräftemangels könne sich jeder neue Eigentümer nur freuen, diesen Betrieb zu übernehmen. „Dementsprechend erwarten wir im Umkehrschluss, dass er den Beschäftigten eine echte Perspektive bietet.“

Auch die Belegschaft vertraut auf das eigene Potenzial. „Wenn eine Tür sich schließt, öffnet sich eine andere“, schreibt dazu Sven Olszak, Evonik-Betriebsratsvorsitzender für Witten und Herne auf der Plattform LinkedIn. „Wir sind gut, sind ein super Team in Witten mit guten Produkten und haben Potenzial. Da habe ich keine Angst vor der Zukunft!“

Schon seit vielen Jahren gibt es auf dem Werksgelände in Witten eine Aufteilung: Einerseits werden Polyester produziert, andererseits Oleochemikalien für Kosmetik, Pharma und Lebensmittel. Die sogenannte „Fettchemie“ ging zunächst an Condea (RWE) und wird heute von der Firma IOI Oleo betrieben. Sie hat Flächen auf dem Gelände an der Alfred-Herrhausen-Straße gepachtet und produziert dort. IOI Oleo beschäftigt rund 300 Menschen in Hamburg, Witten und Wittenberge.

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