Witten. Für Mohamad Myassar Abboud aus Witten ist der Solingen-Attentäter ein „absoluter Verbrecher“. Wie der Syrer die derzeitige Debatte erlebt.

Der Anschlag von Solingen hat Deutschland durchgerüttelt. Darüber, wie solche Taten künftig verhindert werden könnten, ist eine heftige Debatte entbrannt. Dabei geht es nicht nur um Messerverbotszonen, sondern auch um eine verschärfte Migrationspolitik. CDU-Chef Friedrich Merz brachte sogar einen Aufnahmestopp für Asylsuchende aus Syrien und Afghanistan ins Spiel. Was machen solche Forderungen mit einem Menschen, der selbst aus dem Bürgerkriegsland stammt? Wir haben mit Mohamad Myassar Abboud gesprochen, der seit zehn Jahren in Witten lebt.

Die Nachricht vom Anschlag habe ihn getroffen, sagt Abboud. Da war die Staatsangehörigkeit des Täters noch gar nicht bekannt. „Ich habe an die Opfer gedacht. Mich gefragt, wie man so etwas nur tun kann. Wie kommt man auf so eine Idee?“ Nur ein „absoluter Verbrecher“ sei zu solch einer Tat fähig, davon ist der 34-Jährige überzeugt.

Der Solingen-Täter ein Syrer?

Als er dann erfuhr, dass ein syrischer Landsmann sich als Täter gestellt hatte, habe ihn das überrascht, sagt der Raumausstatter. „Viele Syrer sind doch vor dem Terror geflohen, deshalb sind wir hier.“ Dass offensichtlich auch Menschen als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, um dann auch hier Terror zu verbreiten, ist für ihn unbegreiflich. „Da stimmt doch gewaltig was nicht im Kopf.“

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Abboud selbst kam 2014 als sogenannter „Kontingent-Flüchtling“ nach Witten. Damals hatte sich Deutschland freiwillig bereit erklärt, Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien aufzunehmen, die sich bereits in Flüchtlingscamps aufhielten. Der damals 24-Jährige Abboud und seine Frau wurden so aus dem Libanon in die Ruhrstadt geholt.

Seit einem Jahr den deutschen Pass

Sofort nach seiner Ankunft begann Abboud, der in seiner Heimat Innenarchitektur studiert hatte, Deutsch zu lernen. Es folgte eine Ausbildung zum Raumausstatter. Mittlerweile arbeitet er seit vier Jahren bei „Sonnenschutz Elemente“ an der Ardeystraße in seinem Beruf. „Ich kann jetzt sagen, ich bin Wittener“, so Abboud nicht ohne Stolz. Denn seit rund einem Jahr hat der zweifache Familienvater den deutschen Pass.

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Die Debatte um verschärfte Migrationsregeln betrifft ihn also nicht persönlich. „Aber es tut mir weh, so etwas zu hören“, sagt Abboud. „Ich fühle mich, als müsste ich mich für diese Tat rechtfertigen oder entschuldigen, obwohl ich selbst doch auch gegen Terrorismus eintrete.“ Natürlich seien nicht alle Menschen aus Syrien gleich, sie in der Debatte über einen Kamm zu scheren falsch. „Die anderen Syrer, die hier leben, sind ja nicht schuld daran, wenn einer so etwas tut.“

„Wir wollen uns hier eine Zukunft aufbauen“

Die Landsmänner und -frauen, die er kenne, würden sich in Deutschland eine Zukunft aufbauen wollen. „Sie wollen einfach in Ruhe leben, arbeiten...“, sagt Abboud. Und solche „Bekloppten“ - gemeint ist der Täter von Solingen - würden das torpedieren. Dabei ist die Integration in Deutschland ohnehin nicht ganz einfach. Auch Abboud hat schon mehrfach Alltagsrassismus erfahren. „Wenn ich sage, woher ich komme, sind die Blicke am Anfang oft skeptisch“, erzählt der Wittener. Aber nach einem kurzen Gespräch würden die meisten dann doch anfangen zu lächeln.

Auch im Beruf hat er schon schlechte Erfahrungen gemacht - bis zu dem Punkt, dass er von einem Kunden an der Haustüre wieder weggeschickt wurde. „Manche Menschen denken, sie könnten an der Haar- oder Hautfarbe, an der Herkunft erkennen, wer gut und wer schlecht ist“, sagt Abboud. „Aber Terrorismus kennt keine Nationalität oder Religion, Terrorismus ist einfach Terrorismus.“

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