Witten. Falscher Alarm! Beim Wittener Notfalltag wurde das Bergen von Unfallopfern simuliert. Mancher musste sich sechsmal von Studierenden retten lassen.

Die Notfallmedizin ist ein wichtiger Bestandteil der ärztlichen Tätigkeit, sie wird jedoch im Medizinstudium nur wenig behandelt. 50 junge Studierende der Uni Witten durften am Samstag ganz praktisch erleben, was sie im Ernstfall zu tun haben. Auf dem Gelände der Feuerwache gab es diverse dramatische Unfälle. Allerdings: allesamt waren simuliert.

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In einer Werkstatt ist eine Frau in eine 2,5 Meter tiefe Grube gefallen und ist offensichtlich schwer verletzt. Die Rettungskräfte eilen zum Einsatzort und versuchen, die Patientin zu versorgen und zu bergen. Alle arbeiten konzentriert und zum Wohle der Verletzten, schnelles Handeln ist gefragt. Es wird viel gesprochen, Kommandos werden erteilt. Die Bedingungen in der engen Grube sind schwierig. Aber beim „Wittener Notfalltag“ steht schließlich die Kommunikation zwischen den einzelnen Einsatzkräften im Mittelpunkt.

Moni spielt die „Verletzte in der Grube“

Nach der ersten Ausgabe im vergangenen September hat sich das Gelände der Feuerwehr erneut in den Schauplatz einer akribisch geplanten und großangelegten Übung verwandelt. Sie soll die Arbeit von Notfallsanitätern, Ärzten und der Feuerwehr verbinden.

Pascal, Mitte, spielt sehr überzeugend das verletzte Unfallopfer. Das Dach des Unfallautos wurde mit der Rettungsschere entfernt, um an den Verletzten zu gelangen.
Pascal, Mitte, spielt sehr überzeugend das verletzte Unfallopfer. Das Dach des Unfallautos wurde mit der Rettungsschere entfernt, um an den Verletzten zu gelangen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Bei der vermeintlich verunfallten Frau in der Grube handelt es sich um Moni. Auf ihrer Stirn klafft eine täuschend echt aussehende Platzwunde, ihre Beine und ihr Oberkörper sind von Hämatomen übersät. Die 53-Jährige ist ehrenamtlich im DLRG Burscheid aktiv und fungiert seit 2019 als Mimin bei der sogenannten Realistischen Unfalldarstellung (RUD). Um als Mimin arbeiten zu dürfen, muss man eine entsprechende Fortbildung absolvieren. Vor jedem Einsatz wird der Mime gebrieft und erhält ein regelrechtes Drehbuch. „Ich muss wissen, was ich spielen und wie ich auf die Helfer reagieren soll“, erklärt Moni. Bei dieser Bergung lief alles gut. „Die Einsatzkräfte haben viel kommuniziert und mir damit viel Stress genommen.“

„Notfallmedizin ist Teamarbeit“

Kommunikation ist heute alles. Nicht nur zwischen Einsatzkräften und Patienten, sondern in erster Linie zwischen den Notfallsanitätern, den Ärzten und der Feuerwehr. Anhand von fünf praxisnahen Szenarien und einem Planspiel zur Lagefeststellung an der Einsatzstelle wurde die effektive Zusammenarbeit von Notfallmedizin und Feuerwehr trainiert. „Notfallmedizin ist interdisziplinäre Teamarbeit“, beschreibt Jonas Weber, Mitglied der AG Notfallmedizin an der Uni Witten/Herdecke und heute einer der Veranstalter, die Herausforderung an der Einsatzstelle.

Die Gerettete strahlt ihre Retter an: Moni spielt ein Unfallopfer, das in eine tiefe Grube gefallen ist und nun medizinisch erstversorgt und anschließend geborgen werden muss.
Die Gerettete strahlt ihre Retter an: Moni spielt ein Unfallopfer, das in eine tiefe Grube gefallen ist und nun medizinisch erstversorgt und anschließend geborgen werden muss. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

„Für uns als Feuerwehr ist es wichtig, zu lernen, wie die Rettungskräfte arbeiten“, sagt Dirk Lieder, stellvertretender Leiter der Feuerwehr Witten: Sowohl Notfallmediziner als auch Feuerwehrleute seien allesamt bestens ausgebildet, doch sei eine bessere Verknüpfung beider Professionen notwendig. Auch Uni-Dozent Jörg Reißenweber ist begeistert von dem Engagement und der Professionalität aller Beteiligten: „Im Notfall ist man froh über jede Übung, die man absolviert hat.“

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Am Ende waren sich die Organisatoren des Notfalltages einig, dass es erneut eine gelungene Veranstaltung war. Dirk Lieder: „Alle Beteiligten können von einer solchen Übung profitieren. Und am Ende profitiert davon dann der Patient.“ Und so wird es im kommenden Jahr vermutlich erneut einen Wittener Notfalltag geben.

Michael spielt einen Patienten mit kardiologischen Problemen, der aus der Fahrerkabine eines Lkw gerettet werden muss.
Michael spielt einen Patienten mit kardiologischen Problemen, der aus der Fahrerkabine eines Lkw gerettet werden muss. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Moni geht es übrigens gut. Sie wurde an diesem Tag sechsmal erfolgreich von den Einsatzkräften mithilfe eines sogenannten Dreibeins und einer Seilwinde aus der Grube geborgen und in die Klinik verbracht. Die Zusammenarbeit hat funktioniert.

>> Auch 50 Studierende vor Ort

Der Notfalltag wird organisiert von Mitgliedern der AG Notfallmedizin an der Uni Witten/Herdecke, dem Klinikum Dortmund sowie der Feuerwehr Witten.

Neben knapp 50 Studierenden waren Ärzte des Klinikums Dortmund sowie Feuerwehrleute aus dem Grundausbildungslehrgang der Berufsfeuerwehr und Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr der Löscheinheit Mitte beteiligt. Hinzu kamen ehrenamtliche Helferinnen und Helfer des DRK, des ASB und der DLRG.

Finanzielle und materielle Unterstützung erhält der Notfalltag durch den Ennepe-Ruhr-Kreis als Träger des Rettungsdienstes und der Uni Witten-Herdecke sowie der Stadtsparkasse Witten.

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