Witten. Sie gehört zu Annen wie die Butter auf dem Brot. Ende des Jahres will sich die Traditionsbäckerei Weidler ganz aus Witten verabschieden.
- Dieter Weidler: Mit 70 will er nicht mehr in der Backstube stehen
- Die später mit mehreren Filialen in Witten vertretene Bäckerei hat ihren Stammsitz auf der Annenstraße
- Ein Nachfolger für die noch verbliebenen zwei Geschäfte wird gesucht
In zwei Jahren wird Dieter Weidler 70. Dann möchte er nicht mehr in der Backstube stehen. Kann man verstehen, wenn man hauptberuflich seit seinem 14. Lebensjahr Teig knetet. Zum Jahresende soll Schluss für den 68-Jährigen und seine Frau sein. Für die beiden noch verbliebenen Geschäfte auf der Annenstraße in Witten wird ein Nachfolger gesucht.
- Wo Bäckereien in Witten zum wichtigsten Nahversorger werden
- Witten: Die Hälfte aller Bäcker hat für immer geschlossen
- Kunden bedauern das Aus für Bäckereifiliale in Witten
Man ahnte ja schon, dass die Zeichen eher auf Rückzug stehen. Ende 2023 wurde die Weidler-Filiale an der Sprockhöveler Straße dicht gemacht, eines der letzten Geschäfte in dieser dicht bebauten Wohnsiedlung überhaupt. Das Geschäft an der Hauptstraße existiert seit Ende 2022 nicht mehr. In der Heilenstraße war schon 2010 Schluss.
Zum Jahresende naht der endgültige Abschied der Bäckerei Weidler in Witten. Aus diesem Grund veröffentlichen wir noch einmal einen Artikel von August.
Von einst fünf Filialen sind zwei Läden auf der Annenstraße geblieben, ganz am Anfang/Ecke Ardeystraße und das von seinen Eltern 1952 gegründete Hauptgeschäft Annenstraße 68. Auch dort gibt es weit und breit keinen anderen Bäcker. Wenngleich Annen natürlich genug Supermärkte mit Backwaren hat.
„Das neue Kaufland merken wir auch“, sagt Dieter Weidler, der vor allem aus Altersgründen aufhören will. Der vor einem Jahr frischgebackene Obermeister der Bäckerinnung Ennepe Ruhr geht langsam auf die 70 zu. Und die Zeiten werden ja nicht leichter: Personalmangel, Pech mit Azubis, schwierige Weltlage, der Kostendruck. Ob Personal oder Energie, Zucker oder Mehl, alles ist teurer geworden.
Das spürt natürlich längst die Kundschaft. Sie habe die um 20 bis 30 Prozent gestiegenen Preise aber akzeptiert. „Wir können ja nicht nur mit Luft und Liebe backen“, sagt Weidler, dessen Frau Christine in Annen hinter der Theke steht und verkauft. Drei, vier Euro oder mehr kommen schnell zusammen, wenn man heute die Brötchen fürs Familienfrühstück holt.
Wittener Bäckermeister: Kunden haben gestiegene Preise akzeptiert
Das normale Brötchen kostet um die 40, 45 Cent, mit Körnern 1,20 Euro, mit Mohn 90. Für ein Kassler oder Landbrot, ein Kilo schwer, legt man inzwischen locker vier Euro hin. Corona, der Ukraine-Krieg, all das hat die Preise in die Höhe geschraubt. „Und ein Krieg im Nahen Osten wird auch nicht förderlich sein“, sagt Weidler.
Obwohl die „backenden Betriebe immer weniger werden“, wie der Bäckermeister die inhabergeführten Geschäfte nennt, sieht er Witten insgesamt noch ganz gut aufgestellt - nicht zuletzt dank der zahlreichen Ketten, sei es Büsch, Beckmann, Löscher, Horsthemke oder Malzer, die zum Teil in Supermärkten verkaufen. Baudach in Annen war der letzte Betrieb, der vor anderthalb Jahren in Annen geschlossen wurde.
+++Folgen Sie jetzt auch dem Instagram-Account der WAZ Witten+++
„Nachholbedarf“ für die Nahversorgung durch einen Bäcker sieht Dieter Weidler zum Beispiel im Hammertal, wo gerade viele ältere Menschen lebten. Ein gewisses „Potenzial“ gebe es auch in Bommern - wobei der Ortsteil mit Büsch (im Edeka) und der Holzofenbäckerei am Bodenborn nicht schlecht dasteht. Da sieht es in den „Hölzern“ schon deutlich mauer aus - und am Schnee sowieso. Kaum vorstellbar, dass einst am Schneer Weg die Bäckereieinkaufsgenossenschaft angesiedelt war, eine Art Großhandel.
Neben den Ketten werde der liebgewonnene Bäcker an der Ecke nicht zuletzt deswegen heute noch von den Kunden geschätzt, „weil sie auch mal was anderes probieren wollen“, sagt der Obermeister. Bei den Innungsversammlungen im EN-Kreis seien vielleicht noch um die 20 inhabergeführte Geschäfte vertreten. Die Hälfte sei seit 2010 aber verschwunden. Bald wird Dieter Weidler wohl auch keine eigenen Brötchen mehr backen.
Mehr Nachrichten aus Witten lesen Sie hier.