Witten. Ein ansteckender Hautpilz breitet sich in Europa aus. Vor allem Barbershops sind betroffen. Ein Selbsttest in einem Laden in der Wittener City.
Überrascht sitze ich in meinem Frisörstuhl beim Barbershop Barberrossa in der Wittener Innenstadt, als mir Anna Jessica Geismann nicht nur einen neuen Haarschnitt verpasst – sondern den wohl hygienischsten, den ich je bekommen habe. Gerade verbreitet sich nämlich der Hautpilz Trichophyton tonsurans rasant in Europa - vor allem über unseriöse Barbershops.
Von Entzündungen bis hin zu dauerhaftem Haarausfall reichen die üblen Symptome, die ich mir lieber nicht einfangen will. Ein bisschen bin ich schon beunruhigt, als ich die Nachrichten über den Hautpilz lese. Schließlich verbreitet er sich vor allem bei jungen Männern - ich bin 24.
Auf das Bauchgefühl hören
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Bei Barberrossa herrscht direkt beim Reinkommen eine Wohlfühlatmosphäre. Es gibt nur zwei Frisörstühle für Kunden, dafür eine gemütliche Couch mit Beistelltisch und Getränke für Wartende. Anna Jessica Geismann: „Wenn du reinkommst und dich nicht wohl fühlst, es dreckig ist und du ein schlechtes Bauchgefühl hast, dann lass es lieber sein.“
An der Wand hängt zudem ihr Meisterbrief: ein weiteres Qualitätsmerkmal. Nicht alle Barbershops haben einen. Dann zeigt mir Anna Jessica Geismann Schritt für Schritt, wie ein hygienischer Haarschnitt aussehen sollte und worauf Kunden achten müssen.
Es geht mit der Halskrause los
Ich setze mich in den Frisörstuhl, und es geht für mich wie gewohnt los: mit der Halskrause. „Wir haben eine Zeit lang aus Umweltgründen darauf verzichtet. Aber um jeden Kunden zu schützen und weil es hygienischer ist, benutzen wir sie wieder. Vor allem, seitdem sich der Pilz ausbreitet“, erzählt Geismann. Danach erlebe ich mehrere Premieren.
Die Frisörmeisterin desinfiziert sich die Hände und zieht Handschuhe an. Ihre Arbeitsgeräte - Schneidemaschine, Aufsätze und Kämme - liegen aufgereiht auf einem Tuch und werden jetzt ebenfalls kräftig mit Desinfektionsmittel eingesprüht. Beides habe ich zuvor noch nicht gesehen. Vielleicht auch, weil ich seit geraumer Zeit in billigere Läden gegangen bin. In einem Shop konnte mein Frisör kein Deutsch, in einem anderen hat er beim Schneiden die ganze Zeit aus dem Fenster geschaut.
Desinfizieren, desinfizieren, desinfizieren
Geismann berät mich ausgiebig. Die Seiten schneidet sie mir auf etwa drei Millimeter mit einem Übergang runter. Dann kommt es für mich zur nächsten Hygiene-Überraschung. Vor mir steht ein großer Behälter mit blauer Desinfektionsflüssigkeit. Darin schwimmen alle Scheren. „Das ist auch pilzabtötend“, erklärt die Fachfrau. Sie holt eine Schere heraus und lässt sie kurz abtrocknen, bevor sie mir oben die Haare schneidet.
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Der Bartschnitt
Zwar schneidet Geismann mir heute nicht den Bart, aber in dem Behälter mit den Scheren sind auch die Griffe der Rasiermesser. Dort ist aber keine feste Klinge installiert. Im Barberrossa schneiden sie den Kunden ausschließlich mit Wechselklingen den Bart. „Jeder Kunde bekommt seine eigene Klinge“, sagt die Fachfrau. Schließlich kann sich der Hautpilz vor allem ausbreiten, wenn Klingen oder Messer bei direktem Hautkontakt zum Einsatz kommen.
Friseurmeisterin wäscht Kunden den Kopf
Der Haarschnitt ist gemacht – und jetzt bekomme ich meine Frisur gestylt. Davor wäscht Geismann mir noch die Haare, wobei sie ein Handtuch benutzt. „Bei uns werden Handtücher und Umhänge jeden Abend zwischen 60 und 90 Grad gewaschen. Nur so ist gewährleistet, dass am nächsten Tag alles sauber und keimfrei ist“, sagt die Expertin. Kontrollieren kann ich das nicht, hier ist Vertrauen angesagt.
Bei Billig-Preisen aufpassen!
Ein Blick in den Spiegel: Die Frisur sitzt. Jetzt geht es ans Bezahlen - der Preis ist ein wichtiger Anhaltspunkt: Wenn jemand für zehn Euro die Haare schneidet, könne irgendetwas nicht stimmen, so Geismann. Sie rät, lieber ein paar Euro mehr zu investieren. Hygiene hat offensichtlich ihren Preis.
Neuer Hautpilz: Im EN-Kreis noch kein Fall bekannt
Rote schuppende Flecken, Entzündungen oder sogar dauerhafter Haarausfall – das sind die Symptome des Hautpilzes Trichophyton tonsurans. Im EN-Kreis ist der zuständigen Frisörinnung bisher noch kein Fall bekannt.
Dennoch: Das Thema ist in den lokalen Barber-Shops und bei Frisören zum Gesprächsthema geworden. „Aber es ist nicht so, dass die Kunden weniger oder gar nicht mehr kommen würden“, so Frisörmeisterin Anna Jessica Geismanns Erfahrung. Sie selbst hatte bisher noch nicht mit dem Hautpilz zu tun.
Die Frisörinnung im Kreis verweist darauf, nun nicht alle Barber-Shops über einen Kamm zu scheren und die Läden grundsätzlich zu meiden. Der Pilz verbreite sich - wenn überhaupt - über Shops, die es mit der Hygiene nicht so genau nehmen.
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