Witten. Wittens Stadtförster Klaus Peter vom RVR geht mit einem guten Gefühl in den Ruhestand. Der 64-Jährige hat gleich zwei Herausforderungen gewuppt.

Förster Klaus Peter nimmt kein Blatt vor den Mund. Der Experte vom Regionalverband Ruhr (RVR) geht in Kürze in Ruhestand. „Altersteilzeit“, sagt er, und dabei klingt Frust mit, Frust über immer mehr Bürotätigkeit, Frust über immer mehr Zeit hinterm Steuer. Für Bäume blieb dabei immer weniger Zeit. Dabei kann der 64-Jährige mit Stolz auf sein Berufsleben zurückblicken. Dass Wittens Stadtwald Monstersturm „Kyrill“ und die Borkenkäfer-Invasion gut überstand, ist maßgeblich sein Verdienst.

Der große Regen ließ Käferhorden ertrinken

Das WAZ-Gespräch findet vor Ort statt, auf einer Fläche in der Nähe des Wanderparkplatzes an der Durchholzer Straße. Mit gutem Grund: Peter präsentiert gleich zwei Flächen, auf denen die Folgen von Naturgewalt zu sehen sind. Vom Parkplatz aus links ist eine „Kyrill“-Fläche zu sehen. Wo im Januar 2007 der Sturm wütete, sprießt stattliches Grün, mehr als mannshoch. Auf der rechten Seite indes hat der Borkenkäfer zugelangt.

Der extrem schnell wachsende Blauglockenbaum ist ein Exot. Er ist durch Naturverjüngung in Wittens Stadtwald in Durchholz angekommen.
Der extrem schnell wachsende Blauglockenbaum ist ein Exot. Er ist durch Naturverjüngung in Wittens Stadtwald in Durchholz angekommen. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Das gefräßige Insekt fiel in Horden über Nadelhölzer her, vor allem über Fichten, mal von oben, mal von unten, am Ende blieb totes Holz zurück, nadellose Bäume erinnerten an Bürsten. Kenner wissen, was den Borkenkäferarten Buchdrucker und Kupferstecher die Attacken auf wehrlose Bäume leicht machte. Dürre-Jahre nahmen ihnen buchstäblich den Saft. Dummerweise brauchen Nadelhölzer Harz, um die Angriffe der nimmersatten Insekten abzuwehren. Im Vorjahr drehte sich die Lage, als der große Regen kam. Inzwischen gibt der Landesbetrieb Wald und Holz weithin Entwarnung.

Geländeansicht eines kleinen Fichtenbestandes an der Berghauser Straße in Witten: Der Borkenkäfer ließ jahrelang vor allem Fichtenbestände sterben. Inzwischen ist die Plage in Witten Geschichte.
Geländeansicht eines kleinen Fichtenbestandes an der Berghauser Straße in Witten: Der Borkenkäfer ließ jahrelang vor allem Fichtenbestände sterben. Inzwischen ist die Plage in Witten Geschichte. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Witten liegt im buchstäblich grünen Bereich. Zudem waren nur acht Prozent der rund 730 Hektar Stadtwald betroffen. „Im Muttental gab es viele Schäden, auch in Buchholz sowie an der Stadtgrenze zu Herdecke“, bilanziert Klaus Peter, „insofern ist das hier nicht so dramatisch gewesen wie im Sauerland.“

Die kleineren Büsche und Bäume im Vordergrund sind in Wittens Stadtwald bei Durchholz nach der Borkenkäfer-Invasion gekommen. Im Hintergrund sind die dunkleren und größeren Altwaldbestände zu sehen.
Die kleineren Büsche und Bäume im Vordergrund sind in Wittens Stadtwald bei Durchholz nach der Borkenkäfer-Invasion gekommen. Im Hintergrund sind die dunkleren und größeren Altwaldbestände zu sehen. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Für die Stadt war die Borkenkäfer-Invasion dennoch teuer. Käferholz wurde zuweilen verschenkt. Wenn’s hoch kam, gab’s fünf Euro für den Festmeter. In den Jahren zuvor wurden 90 Euro gezahlt. Zudem fallen Kosten für Nachpflanzungen an – auch wenn Wind, Vögel und Eichhörnchen zur Naturverjüngung auf Freiflächen beitragen, indem sie Baumsamen verteilen. „23 Hektar haben wir wieder aufgeforstet“, rechnet Klaus Peter vor.

Aufgeforstet wurden auch „Kyrill“-Flächen. Der Monstersturm fegte am 15. Januar 2007 über Nordrhein-Westfalen hinweg. Witten, wundersam, blieb weitgehend verschont.

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Was nachkam, gefällt Klaus Peter nicht immer – beispielsweise Brombeere und Adlerfarn. „Unsere kleinen Bäumchen kommen mit denen nicht so gut zurecht.“ Sie nehmen Setzlingen schlichtweg das Licht am Boden: „Die sind wie ein Teppich.“ Zum Wachsen ist es unerlässlich. Welche Baumarten rücken nach?

„Bergahorn kommt viel, und Lärche“, erzählt Klaus Peter, „auch Birke und Eberesche, die ganzen Pionierbaumarten.“ Ein Exot aus Ostasien, der extrem schnell wachsende Blauglockenbaum, hat sich selbst gepflanzt. Auch kleine Eichen und Buchen sind zu sehen – aber nicht auf Freiflächen. Schlichter Grund: Die Früchte beider Baumarten fallen nach unten. Das steht Ausbreitung in der Fläche entgegen. Wenn der Förster pflanzt, setzt er auf eine Mischung: Rotbuche, Kirsche, Roteiche, ein bisschen Douglasie.

In Dürrejahren wie 2021 langte der Borkenkäfer hin. Klaus Peter, Stadtförster in Witten, begutachtete damals Fichten und Fichtenholz im Herrenholz an der Ardeystraße in Witten.
In Dürrejahren wie 2021 langte der Borkenkäfer hin. Klaus Peter, Stadtförster in Witten, begutachtete damals Fichten und Fichtenholz im Herrenholz an der Ardeystraße in Witten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Seit 2001 kümmert sich der Regionalverband Ruhr via Tochterbetrieb RVR Grün um Wittens Stadtwald. Zudem ist Peter auch für den Forst im Ennepe-Ruhr-Kreis verantwortlich.

Eine öffentliche Betreuung verhindert privates Engagement jedoch nicht – vor allem in Wittens Hölzern nicht. Peter nennt Details. Privatleute halfen, Sparkasse und das Unternehmen Lohmann gaben Geld. Lohmann legte gar selbst Hand an.

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Andere Baumarten erlitten bis 2023 ebenfalls Trockenschäden – etwa die Buchen am Hohenstein: „Die stehen am Steilhang und sterben ab.“ In den Hölzern oberhalb von Herbede indes gab es keine Probleme – nicht mal, als der Regen kein Ende nehmen wollte. Sandböden und Hanglage machen’s möglich.

Nachdem „Kyrill“ und Borkenkäfer den Förster auf Trab gehalten haben, freut er sich seine Altersteilzeit. Im Dezember kommt Peters Nachfolger. Der RVR begrüßt ihn quasi mit einem Geschenk. Der 1. Dezember ist der erste Advent.

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