Witten. Ein 23-Jähriger aus Witten hat mit Ausdauer sein Fach-Abi geschafft und möchte Industriekaufmann werden. Doch er kassierte schon 50 Absagen.
Ganz frisch hält Lukas Kankanam sein Abschlusszeugnis in der Hand: Er hat sein Fach-Abitur bestanden. 17 Jahre ist er dafür zur Schule gegangen, ungewöhnlich lange. Aber Lukas musste schon immer beharrlich darum kämpfen, dass es in seinem Leben vorangeht - denn er ist mit einem Gendefekt zur Welt gekommen. Für ein normales Berufsleben ist er trotz seiner Behinderung geeignet. Doch: Niemand will ihn einstellen.
Bereits 50 Absagen musste der 23-jährige Wittener verkraften. Weil er sein Fachabi mit dem Schwerpunkt „Wirtschaft und Verwaltung“ gemacht hat, bewirbt er sich seit einem Jahr auf Ausbildungsstellen in diesem Bereich. Industriekaufmann, Kaufmann im Gesundheitswesen, Verwaltungswirt - so etwas könnte Lukas Kankanam sich vorstellen. Er hat sich schriftlich beworben, an mehrstündigen Einstellungstests teilgenommen. Er hat Telefon- und Videointerviews geführt und durfte sich schon fünf Mal bei einem „echten“ Bewerbungsgespräch vorstellen.
„Das liegt doch an meiner Behinderung!“
Doch immer kam ein ähnliches Antwortschreiben: „Es ist uns nicht leichtgefallen, aber wir haben uns für eine andere Person entschieden, die eher in das Profil unseres Unternehmens passt. Bitte werten Sie diese Entscheidung nicht als Abwertung Ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten.“ Lukas Kankanam tut dies aber doch: „Bei dem Fachkräftemangel? Das liegt doch an mir, an meiner Behinderung!“
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Der 23-Jährige leidet seit seiner Geburt an einem Gendefekt. „Multicore-Myopathie“ ist eine Erkrankung der Muskulatur, die zu Bewegungsproblemen führt. Darum sitzt Lukas im E-Rollstuhl. Er kann aber kleinere Strecken und Stufen zu Fuß gehen und braucht zum Beispiel keine behindertengerechte Toilette. Für einen Bürojob „stellt meine Behinderung keine Beeinträchtigung dar“, findet Lukas, der gerade seinen Autoführerschein macht und dann auch in Nachbarstädte fahren könnte.
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Ihr Sohn wäre bestimmt ein geeigneter Kandidat für größere Unternehmen, schätzt auch seine Mutter Andrea Neuber. Denn für diese gilt eine „Beschäftigungspflicht schwerbehinderter Menschen“, andernfalls müssen sie eine Ausgleichsabgabe entrichten. Und trotzdem: Es tut sich nichts.
Lukas spielt Hockey in Nationalmannschaft
Lukas gibt zu, dass die Einstellungstests, bei denen logische Denkaufgaben in einem kurzen Zeitfenster abgefragt werden, „oft übelst schwer sind“. Auch in Gesprächen wirkt er erst schüchtern, taut dann aber schnell auf. Dass er Ehrgeiz hat und teamfähig ist, kann er dagegen beweisen: So spielt er E-Rollstuhlhockey, sogar in der Nationalmannschaft. Inzwischen tritt er für einen Verein aus Baden-Württemberg im „Powerchairhockey“ an.
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Ungewöhnlich lange musste er um einen Schulabschluss kämpfen. Die Förderschule in Langendreer verließ er nach der zehnten Klasse mit „Förderabschluss“. Am Berufskolleg in Wetter holte er den Hauptschulabschluss nach. „Ganz easy“ schob er den Realschulabschluss hinterher, nach weiteren zwei Jahren ist nun das Fachabitur geschafft.
Damit könnte er freilich studieren, sofern er ein halbjähriges Praktikum absolviert. Auch über eine geeignete Stelle würde Lukas Kankanam sich freuen. Viel lieber hätte er jedoch einen Ausbildungsplatz. Eine echte Alternative nämlich gibt es für den jungen Mann nicht. Natürlich könnte er auch einen Beruf in einer Werkstatt für behinderte Menschen erlernen. Lukas möchte aber auf keinen Fall weiter in einer Einrichtung speziell für Menschen mit Handicap „warten“, wie er es nennt. „Ich möchte endlich ins richtige Leben kommen.“
Kontakt: Kankanam.Lukas@gmail.com
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