Witten. Ein Bauarbeiter muss nach einem Messerangriff auf einen Kollegen in die Psychiatrie. Warum die Gerichtsentscheidung alternativlos war.

Nach einem Messerangriff in Witten muss ein Bauarbeiter auf unbestimmte Zeit in eine psychiatrische Klinik. Gleich am ersten Tag fiel der 29-Jährige auf einer Baustelle auf. Und das war nur der Anfang.

Erst drückte der 29-Jährige einem Kollegen ein Messer in den Rücken - dann verlangte er plötzlich Bargeld: Sechs Monate nach einer Raubtat in einer Arbeiter-WG in Witten ist der Bauarbeiter aus Polen in eine geschlossene forensisch-psychiatrische Klinik eingewiesen worden. Der wahnhaft kranke Täter ist aktuell zu gefährlich und zu unberechenbar, urteilte das Bochumer Landgericht.

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Die Anordnung des zeitlich unbefristeten Maßregelvollzugs war für die Sechste Strafkammer am Ende alternativlos. Der Bauarbeiter war am 7. Januar aus Polen nach Witten eingereist, um im Ruhrgebiet zu arbeiten. Doch schon an seinem ersten Probearbeitstag am 8. Januar auf einer Baustelle war er durch merkwürdiges Verhalten aufgefallen.

Angeklagter erbeutet bei Überfall auf Kollegen 130 Euro

Der 29-Jährige hatte sich auf dem Klo versteckt, war in Tränen ausgebrochen und geflüchtet. Nachdem sein Chef, ein Landsmann, daraufhin bereits alles für eine Blitzrückreise nach Polen vorbereitet hatte, war es in der Arbeiter-WG am Bahnhof Annen-Nord zu dem Messerüberfall auf einen Kollegen gekommen. Beute: 130 Euro Bargeld.

Tags darauf war der Bauarbeiter kurz hintereinander in Bochum bei Straßendiebstählen aufgefallen, hatte letztlich auf der Bochumer Wache mit Polizisten gerangelt und dabei einen Beamten ins Gesicht gekniffen.

„„Sie können für die Taten nicht bestraft werden.“ “

Michael Janßen, Richter, zum Angeklagten

Rechtlich war die Tatserie als schwere räuberische Erpressung, Diebstahl, Körperverletzung und Angriff auf Vollstreckungsbeamte eingeordnet worden. Eine psychiatrische Sachverständige hatte jedoch bei dem WG-Räuber eine „wahnhafte Störung“ diagnostiziert. Sie konnte nicht ausschließen, dass der 29-Jährige krankheitsbedingt im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hat. „Sie können für die Taten nicht bestraft werden“, hieß es in der Urteilsbegründung. Formell wurde der Angeklagte daher freigesprochen.

„Wir müssen zum Schutz der Allgemeinheit dafür sorgen, dass Sie in einem psychischen Krankenhaus so lange behandelt werden, bis Sie nicht mehr gefährlich sind.““

Richter Michael Janßen zum Angeklagten

Weil die Gutachterin allerdings auch zügig neue Straftaten durch den psychisch kranken Mann prognostiziert und ihn unterm Strich als gemeingefährlich eingestuft hatte, konnte es nicht bei dem Freispruch bleiben. „Wir müssen zum Schutz der Allgemeinheit dafür sorgen, dass Sie in einem psychiatrischen Krankenhaus so lange behandelt werden, bis Sie nicht mehr gefährlich sind“, erklärte Richter Michael Janßen dem Angeklagten.

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Der Bauarbeiter selbst hatte die Messertat in der Wittener WG mit Angst vor einem Giftanschlag erklärt, sich auch bei den darauffolgenden Taten wahnhaft Attacken auf sich vorgestellt. Sein Bruder hatte zuletzt als Zeuge einen Autounfall als mögliches Schlüsselereignis für die psychische Erkrankung dargestellt.