Witten. Die Wittener Laufgruppe „Fun vor run“ lockt Spätberufene. Etwa Petra. Durch Zufall kam sie zum Anfängerkurs. Inzwischen läuft sie Marathon.
Wunder gibt es immer wieder. Das hat Schlagersängerin Katja Ebstein einst amtlich festgestellt. Eine Unterart der Wunder sind die Laufwunder. Matthias Dix von der Laufgruppe „Fun vor Run“ kennt sie. Laufwunder: Das sind Menschen, die erst als Spätberufene ihre Liebe zum Ausdauersport entdecken und dabei unerwartete Erfahrungen machen. Eine von ihnen ist Petra.
Generation 50+ entdeckt Lauf-Leidenschaft
Mittwochabends ist die Welt für Petra und ihre Laufgruppe ab 18.45 Uhr wieder in Ordnung. Die Mitglieder trudeln binnen einer halben Stunde auf dem Parkplatz am Hammerteich ein. Die Generation 50+ bildet die Mehrheit. Schließlich sind es 30 Lauffans. Die Stimmung ist entspannt, die Vorfreude auf die Strecke greifbar. Wie ist Petra zum Rennen gekommen?
„Nee, das ist nix für mich. Und dann bin ich da hängen geblieben.““
Lachend antwortet sie, ein Nachbar im Haus habe sie auf einen Anfängerkurs der Laufgruppe hingewiesen. Petra hat damals zunächst abgelehnt. „Nee, das ist nix für mich.“ Sie ließ sich aber überreden. „Und dann bin ich da hängen geblieben.“ Ende der Geschichte? Denkste.
„Es war in der Pandemie, dass dieser wunderbare Kurs angeboten wurde. Und es war so toll zu erleben, dass Menschen gesagt haben: Komm‘, wir gehen nach draußen, wir tun etwas für unsere Gesundheit. Man hatte Gemeinschaft – mit viel Abstand.““
Der Anfängerkurs war nur der Anfang – wie für Susanne, Christina, Anke und Katharina. „Es war in der Pandemie“, erinnert sich Susanne, „dass dieser wunderbare Kurs angeboten wurde. Und es war so toll zu erleben, dass Menschen gesagt haben: Komm‘, wir gehen nach draußen, wir tun etwas für unsere Gesundheit. Man hatte Gemeinschaft – mit viel Abstand.“ Ansteckend war damals nur die Begeisterung der Laufgruppe.
„Als ich jung war, habe ich das Laufen schon gemocht. Aber dann hatte das Leben andere Aufgaben.““
Und dann kam der erste Marathon
Es lief, im übertragenen Sinne. Susanne entdeckte die Lust am Sport neu. „Als ich jung war“, erzählt sie, „habe ich das Laufen schon gemocht. Aber dann hatte das Leben andere Aufgaben. Und dann dachte ich: Komm‘, es ist nie zu spät. Probier‘ es einfach.“ Mittlerweise hat Susanne wieder Zeit und Lust, sich zu bewegen. Wie Petra.
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Die schaffte irgendwann ihren ersten Marathon, 42,195 Kilometer. Wie fühlte sich die Langdistanz im Ziel an? „Es war so ein gutes Gefühl“, sagt Petra, und die Wonne nach vollbrachter Leistung ist noch im Gespräch zu spüren. Vor den Glücksgefühlen stehen allerdings bei Marathonläufen Momente der Qual.
Das gesteht Petra ein. Aber der Rausch der körpereigenen Hormone beim Zieleinlauf überwiegt. Bei ihr macht er nicht nur alle Anstrengungen wett, sondern sogar Lust auf mehr. Sie lässt sich nicht mal dann schrecken, wenn, wie jüngst beim London-Marathon, eine unerwartete Extrastrecke über 600 Meter droht.
„Mentoren“ motivieren
Petra hat Disziplin gelernt und wie sie sich die Kraft einteilen kann, wie sie das Tempo dosiert. Startet sie zu schnell, droht eine Übersäuerung der Beinmuskulatur. Und noch etwas: Mit Unterstützung der Gruppe hat sie es noch immer geschafft, den inneren Schweinehund ins Körbchen zu scheuchen.
Bei „Fun vor Run“ sind es vor allem die sogenannten Mentoren, die Stimmung und Motivation im Team hochhalten. Matthias Dix gehört dazu, Brigitte Meinshausen und Thomas Hoeper. Zu den Läufern gesellen sich die Nordic Walker. Sie werden von Heike Brasse bei Laune gehalten.
Die Laufgruppe besteht seit fünf Jahren. Sie ging aus Wittens Triathlonverein hervor. Dix & Co. wollten damals mehr Spaß und weniger Leistungsorientierung. Das sehen inzwischen 130 Interessierte genauso. Matthias Dix hält sie in einer Whatsapp-Gruppe – nun ja – auf dem Laufenden.
Ungefähr die Hälfte der Mitglieder nimmt an den insgesamt vier wöchentlichen Trainingsabenden teil: montags ab Lohmann-Parkplatz in Herbede, mittwochs ab Hammerteich, freitags ab Zeche Nachtigall, jeweils um 18.45 Uhr. Nur sonntags trifft sich die Laufgemeinde bereits um 10 Uhr vor der Gesamtschule Hardenstein. „Wir laufen das ganze Jahr“, betont Dix.
Läufer wie er sind dabei in der Minderzahl. Joggen, so scheint es, ist zum Frauensport geworden. Susanne hat eine Idee, warum: „Männer“, sagt sie, „spielen bis 35 Fußball. Und dann sagen sie: Das reicht. Frauen fangen mit 35 wieder an.“ Manche erleben ihr erstes Laufwunder sogar noch später. Tanja, 48, ist am Mittwoch erstmals dabei. Sie konnte sich dem Lockruf der Gruppe nicht entziehen. Tanja rennt - wie Petra. Ihr erster Lauf ist sicher nicht der letzte.