Witten. Seit Monaten wird über die Bezahlkarte für Geflüchtete diskutiert. Auch in Witten wünschen sich viele deren Einführung. Wie weit sind die Pläne?

Der Bundestag hat bereits im April den Weg für die bundesweite Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete frei gemacht. Über sie sollen Menschen, die bei uns Asyl suchen, künftig ihre Leistungen erhalten. Das soll Missbrauch vorbeugen. Die Wittener CDU-Fraktion hatte bereits im Februar einen entsprechenden Antrag gestellt. Was hat sich seitdem getan? Die ernüchternde Antwort gab es im letzten Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit.

„Bislang wissen wir nicht wirklich viel“, sagte Heike Kaufmann, Sachgebietsleiterin Asylleistungen. Das Problem: Theoretisch kann jede Kommune selbst darüber entscheiden, ob sie die Karte einführen will oder nicht. Die Städte wollen aber einen Flickenteppich vermeiden und fordern vom Land Vorgaben für eine einheitliche Ausgestaltung. Und die stehen noch aus.

Noch kein passender Anbieter gefunden

Sicher ist bislang etwa - nicht zur Freude der Kommunen -, dass die Kosten der Karte komplett bei ihnen liegen sollen. Ungeklärt sei hingegen, in welcher Höhe Bargeldabhebungen möglich sein sollen, so Kaufmann. Vorgesehen ist offenbar zunächst eine Einführung der Bezahlkarte in den Landesunterkünften.

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Außerdem wurde laut Stadt bislang noch kein passender Anbieter gefunden. Schon seit Februar läuft eine Ausschreibung von 14 Bundesländern für einen einheitlichen Anbieter. Voraussichtlich im Sommer soll es eine Entscheidung geben. „Wir sollten da wirklich die Empfehlung des Landes abwarten“, sagte Sozialausschuss-vorsitzende Lilo Dannert (Grüne).

157 Geflüchtete erhalten Geld aufs Girokonto, elf Bargeld

Bislang erhalten die meisten Asylsuchenden in der Stadt ihre Geldleistungen per Überweisung auf ein Girokonto (157 Personen). An einen kleinen Teil, genauer gesagt an elf Menschen, wird der Betrag per Scheck ausgegeben. Bargeld gibt es in Witten generell nicht. Im Gegensatz zu anderen Kommunen. In Köln etwa würden rund 1500 Geflüchtete Bargeld bekommen, weiß Bettina Salcuni, die seit Juni Leiterin des Amtes für Wohnen und Soziales ist. „Für die ist die Karte sinnvoller, weil es weniger Arbeit bedeutet.“

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In Witten wäre der Mehraufwand für eine Bezahlkarte wohl erheblich größer. Die Stadt bräuchte nach aktuellem Stand eine eigene Datenbank. „Das Anlegen der Stammdaten für die Bezahlkarte erfolgt außerhalb des Fachverfahrens“, sagt Expertin Kaufmann. Ein „Fachverfahren“ ist in der öffentlichen Verwaltung eine datenbankgestützte IT-Anwendung, meist ein Computerprogramm, das eine bestimmte Verwaltungsaufgabe entweder unterstützt oder vollständig ausführt. „Es wären dann also zwei Systeme nebeneinander“, die jeweils gepflegt und aktualisiert werden müssten.

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Angesichts der vielen noch offenen Fragen zog die CDU-Fraktion ihren Antrag auf Einführung der Bezahlkarte erst einmal zurück. „Es macht ja keinen Sinn, jetzt ein Sondermodell für Witten zu entwickeln“, so der sozialpolitische Sprecher der Union, Jürgen Barfigo. Man wolle den Antrag zu gegebener Zeit neu formulieren.

Auch die AfD hatte einen Antrag auf Einführung der Karte gestellt. Weil die Fraktion dem Sozialausschuss fernblieb, konnte sie ihn nicht zurückziehen - die restlichen Mitglieder mussten also über ihn abstimmen. Er wurde einhellig abgelehnt.

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