Witten. Ein Loch ist im Veja-Turnschuh: Anstatt ihn wegzuwerfen, bringt unser Autor ihn zu Schuhmacher Dieter Köster in Witten. Das Ergebnis begeistert.
Es gibt kaum noch Schuhmacher in Deutschland, denn immer weniger Menschen lassen ihre Treter beim Schuster reparieren. Unser Mitarbeiter Lukas Brechtefeld hat zum ersten Mal in seinem jungen Leben seine Sneaker nicht in den Müll geworfen, sondern einen Wittener Traditionsbetrieb aufgesucht. Hat‘s sich gelohnt? Hier ist sein Bericht:
Zwei Paar Schuhe habe ich mitgebracht, die Dieter Köster in seinem Schuster-Laden „Köster“ an der Schlachthofstraße wieder fit kriegen soll. Einmal meine Laufschuhe, bei denen beim linken Schuh die Naht oben am Knöchel aufgegangen ist. Das Problem ist schnell wieder behoben: Andrea Köster näht das Loch kurzerhand per Hand wieder zu, in nur wenigen Minuten sind sie wieder wie neu.
Schon ganze Landstriche ohne Schuhmacher
Danach sind meine Sneaker an der Reihe. Die „Veja V10“ sind noch gar nicht so alt und nur hinten an der Ferse so sehr abgelaufen, dass dort langsam schon ein Loch entsteht. Um meine Sneaker kümmert sich der Chef selber. „Ich bin mit dem Laden aufgewachsen, weil meine Eltern ihn eröffnet haben und war als Kind schon immer mit dabei. Mittlerweile bin ich selber Rentner, ich mache es aber trotzdem noch weiter, weil es Spaß macht“, erzählt der 68-Jährige.
Seit über 70 Jahren gibt es den Laden schon. Früher sei es ein größerer Betrieb gewesen, doch um die Schuhmacher in Deutschland ist es nicht gut bestellt. „Leider sterben in Deutschland die Schuhreparaturläden reihenweise aus. Es gibt schon ganze Landstriche ohne Schuhmacher. Der Beruf wird bundesweit aussterben und hat keine Zukunft“, muss Köster leider zugeben.
Der Schuh braucht frische Absatzecken
Noch gibt es ihn und seinen Laden aber und so steht Köster mit meinen Sneakern in der Hand an der Schleifmaschine. Vorher hat er noch mit einem Kugelschreiber die kaputten Stellen markiert und trägt jetzt die hinteren Ecken der Sohle ab. „Der Schuh braucht ein paar frische Absatzecken“, sagt er dabei. Kurz darauf liegt ein beißender Geruch in der Luft. Nicht vom Schleifen, sondern von einem sogenannten Primer, den er auf die geschliffenen Stellen aufträgt. „Damit der Schuh besser verklebbar ist“, erklärt er.
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Ganz am Anfang habe ich noch zögerlich nachgefragt, ob Köster überhaupt Sneaker reparieren kann. Ich dachte ganz naiv, dass hier nur ältere Menschen herkommen und ihre schicken Anzugsschuhe reparieren lassen. „Geht nicht, gibt es eigentlich nicht“, klärt der Fachmann schnell auf. Alleine mit dem Unwissen sei ich allerdings nicht: „Es gab eine Untersuchung, nach der knapp die Hälfte der unter 30-Jährigen nicht weiß, dass sie ihre Schuhe zum Schuster bringen können“, erzählt Köster. Dabei macht er fast alles: neue Sohlen oder Absätze, Fersenfutter oder aufgerissene Seitenteile.
Jetzt geht es mit meinen Sneakern weiter. Dieter Köster trägt einen speziellen Kunststoffkleber auf die abgeschliffene Stelle sowie auf einen sogenannten Keilstreifen auf. Das ist quasi das Sohlenmaterial, das er nach einer kurzen Einwirkzeit auf die kaputte Stelle klebt und dann an einer Presse einige Sekunden zusammenpresst. An allen Seiten guckt der Keilstreifen noch über – doch das ist schnell behoben, als Köster das überstehende Material mit einer Maschine abschneidet. Es sieht ein wenig so aus, als würde er meinen Schuhen die Zehennägel schneiden. Jetzt schleift er alles noch in Form und poliert die Stelle. Und schon ist die Sohle wieder wie neu – für insgesamt 14,50 Euro. Also ein Zehntel des Preises, den ich für diesen Schuh eigentlich ausgegeben habe.
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Ich ziehe meine Sneaker wieder an und es fühlt sich am Anfang ein wenig ungewohnt an, wieder mit einem heilen Schuh ohne Loch zu laufen. Als hätte ich einen kleinen Absatz an der Stelle, wo die Sohle vorher abgelaufen war. Aber das Gefühl verfliegt schnell. Und jetzt habe ich wieder ein heiles Paar Schuhe, das ich normalerweise sonst einfach weggeschmissen hätte.
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