Witten. Die Grüne Perle in der Bahnhofstraße kann Frisches nur abends bekommen. Das ist in der Fußgängerzone nicht erlaubt. Sonderregelung? Pustekuchen.
Die „Grüne Perle“ hat Probleme mit der Anlieferung von Waren in der Bahnhofstraße. Der Großhändler, der den Regionalladen aktuell mit frischen Lebensmitteln versorgt, kann diese nur abends ausfahren. Erlaubt ist die Belieferung in der Wittener Fußgängerzone aber nur morgens. Eine Ausnahmegenehmigung ist nicht in Sicht. „Wir sind fassungslos“, sagt Brigitte Krenkers vom Vorstand.
Die Genossenschaft, die den Bioladen im vergangenen August eröffnete, hatte sich im Oktober für einen speziellen Händler entschieden, „weil der die meisten regionalen Produkte liefert“, so Krenkers. Als der Händler dann vor dem Start die Lage prüfte, stellte er fest, dass die Anfahrtszeiten nicht ins Konzept passen. Denn die Anlieferung zur gesamten Bahnhofstraße wie auch zum Rathausplatz – darauf verweisen Schilder – ist nur zwischen sieben und elf Uhr morgens erlaubt. Der Großhändler kann die frische Ware aber nur von 20 bis 22 Uhr ausfahren.
Laden-Chefin: Gespräch mit Wittener Bürgermeister hat nichts gebracht
Brigitte Krenkers und ihr Team setzten sofort alle Hebel in Bewegung, um eine Lösung zu finden. „Wir hatten mit einer Sondergenehmigung und nicht mit monatelangen Problemen gerechnet.“ Briefe an die Verwaltung sowie ein persönliches Gespräch mit Bürgermeister Lars König hätten bislang nichts gebracht. Der Stadt seien die Hände gebunden, hieß es laut Krenkers. Sie wundert sich. „In anderen Städten ist eine Anlieferung nach Ladenschluss durchaus möglich.“ Als Beispiel nennt sie Bochum. Tatsächlich darf laut Auskunft des dortigen Tiefbauamtes zwischen 21 und 11 Uhr in der Fußgängerzone be- und entladen werden.
Grundsätzlich müsste die „Grüne Perle“ nur einmal pro Woche abends beliefert werden. „Das dauert 20 Minuten. Da müssen nur zwei Rollwagen ausgeräumt werden“, erklärt die Vorständin. Dies finde außerdem nicht zu nachtschlafender Zeit statt. Über das Argument, dass Fußgänger gefährdet werden könnten, kann sie nur lachen. „Wer mal nach 20 Uhr in der Bahnhofstraße war, weiß, dass da nicht viel los ist.“ Anders verhalte es sich in den erlaubten Lieferzeiten am Vormittag. Krenkers: „Da ist es viel gefährlicher.“
Zwischenlagerung bei Wittener Kartoffelbauer bald nicht mehr möglich
Die Genossenschaft hat zwar längst eine Zwischenlösung gefunden. Doch die fällt ab April wieder weg. Sie hatte den Großhändler zu Bio-Landwirt Dirk Liedmann in Gedern geschickt. In dessen Kühlhaus durfte die „Grüne Perle“ ihre Ware lagern. Doch Liedmann benötigt das Kühlhaus in der anstehenden Jahreszeit nicht für seine Kartoffeln und schaltet es deshalb aus.
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Ideal sei aber auch diese Lösung ohnehin nicht. „Wir haben die Ware dann immer mit zwei Pkw abgeholt und in der erlaubten Frist zum Laden gefahren. Das ist nicht wirklich nachhaltig“, sagt Brigitte Krenkers. Dabei setze sich die Genossenschaft ja gerade dafür ein.
Stadt Witten hält an Regel für Anlieferungsfristen fest
Von dem Problem der eingeschränkten Lieferzeiten seien vor allem die kleineren Läden betroffen, glaubt Gassmann-Mitarbeiter Uwe Schulz. Viele andere Geschäfte würden über Zufahrten in den hinter den Gebäuden liegenden Straßen verfügen. Das Kaufhaus Gassmann erhalte seine Waren beispielsweise über die Nordstraße.
SPD und Grüne setzen sich für Regionalladen ein
Das Problem mit der abendlichen Warenanlieferung des Regionalladens Grüne Perle beschäftigt auch die SPD-Fraktion. Sie fordert mit Unterstützung der Grünen eine Lösung von der Verwaltung. „Aus unserer Sicht sollte eine grundsätzliche Unterstützung derartiger Initiativen selbstverständlich sein. Gerade in Zeiten der Ladenleerstände und des Niedergangs der Innenstädte sind solche Projekte sehr wichtig“, so SPD-Fraktionsvorsitzender Uwe Rath.Die Politiker plädieren für eine Ausnahmegenehmigung – von der vielleicht auch andere Geschäfte in der City profitieren könnten. „Natürlich müsste eine zügige und geräuscharme Abwicklung die Voraussetzung sein.“ Sollte eine Ausnahmeregelung nicht möglich sein, fordert die SPD alternative Vorschläge von Bürgermeister Lars König, „damit die Genossenschaft nicht gezwungen ist, ihre Zusammenarbeit mit ihrem Händler aufzukündigen“.
Auch Alnatura ist zufrieden mit den Anlieferungszeiten. Man bekomme die Ware morgens und sehe keinen Bedarf, daran etwas zu ändern, heißt es von Seiten des Bio-Supermarkts. Auch das Café Extrablatt wird morgens von einem großen Lkw über die Theodor-Heuss-Straße angedient.
Die Stadt bleibt grundsätzlich dabei: „Sobald man mit Ausnahmegenehmigungen anfängt, ist es enorm schwer, Grenzen zu ziehen“, erklärt Sprecher Jörg Schäfer. Irgendwann habe sich sonst die ursprüngliche Regel, die ja einen Sinn habe, erledigt. „Wir machen uns mit unserem konsequenten Vorgehen sicher nicht nur Freunde, aber es gibt dafür vernünftige Gründe.“ Welche genau dies sind, lässt die Stadt offen.