Witten. Witten ist keine Einkaufsstadt, die Hauptstraße kein guter Standort mehr, sagen zwei Geschäftsinhaber. Was sie in der Innenstadt stört.
Auf der Hauptstraße dreht sich das Ladenkarussell: Zwei Traditionsgeschäfte sind bereits geschlossen. Ende des Jahres folgt mit dem Möbelgeschäft „Hansen Raumkonzepte" das dritte. Ein Grund für die Schließungen: die negative Entwicklung, die die Wittener Innenstadt in den vergangenen Jahren genommen hat, sagen zwei Händler.
Die erste, die ging, war Anette Rasche mit ihrem Geschäft „Lingerie aqua marines". Seit 2006 hat die gebürtige Bochumerin im Ladenlokal neben der Geschäftsstelle der Theatergemeinde Volksbühne hochwertige Damenwäsche verkauft - Nachthemden, Badekleidung, Dessous. Vorher wurde im Ladenlokal bereits viele Jahre lang exklusive Damenmode angeboten.
Kundinnen zieht es nicht mehr zum Einkaufen in die Innenstadt von Witten
Ein Geschäftsstandort, der über Jahrzehnte funktionierte. Zum 1. Dezember hat Anette Rasche ihren Laden in der City abgeschlossen und ist „aufs Dorf gegangen", wie sie sagt. Ihr neue Adresse ist die Meesmannstraße, wo sie mit ihrem Geschäft in die Räume des früheren Herbeder „Kunstcafés 28" gezogen ist. „Das neue Ladenlokal ist für mich wie ein Lottogewinn", sagt die 53-Jährige strahlend.
An die letzten Jahre an der Hauptstraße hat sie keine guten Erinnerungen. „Die Innenstadt wird vernachlässigt, ist schmutzig. Ich habe mich dort schon lange nicht mehr wohlgefühlt", so Rasche. Aufgrund der zahlreichen Geschäftsschließungen in der Bahnhofstraße würde es ihre Kundinnen auch nicht mehr zum Einkaufen in die City ziehen. „Das höre ich immer wieder."
„Vor 30 Jahren war Witten noch eine richtig gute Einkaufsstadt"
In den vergangenen zwei Jahren hat die gelernte Kosmetikern auch tagsüber ihren Laden abgeschlossen, nur Kundinnen hineingelassen. „Ich fühlte mich dort nicht mehr sicher. Da standen dann auch plötzlich Männer im Geschäft, die mir nicht geheuer waren." Jetzt in Herbede, das sei eine ganz andere Welt, schwärmt die Geschäftsfrau. „Die Leute sind sehr freundlich. Ich finde es in Herbede wunderbar."
Optikermeister Alfred Fandel hat gerade sein Ladenlokal an der Hauptstraße geräumt. Vor 30 Jahren hatte er dort sein Geschäft „Optic Kerssen" eröffnet. Über seine Schließung informierte Fandel seine Stammkunden mit einem Brief, in dem er schrieb, die Innenstadt habe sich „zum Nachteil für Kunden und Geschäftsleute entwickelt". Vor 30 Jahren sei die Welt noch in Ordnung gewesen, betont der 59-Jährige. „Da war Witten noch eine richtig gute Einkaufsstadt."
Im Geschäft wurden viele Brillen gestohlen
Den „Todesstoß" habe der Innenstadt die Schließung von Galeria Kaufhof im vergangenen Herbst versetzt, meint Alfred Fandel. Und fügt hinzu: „Die Stadtgalerie funktioniert auch nicht, wie man an den vielen Leerständen sieht." Dann spricht auch der Optikermeister über das Thema Sicherheit: „In meinem Geschäft wurden in den letzten Jahren viele Brillen gestohlen. Da kamen Leute in den Laden, die meine Mitarbeiterinnen hinten nicht bemerkt haben." Seine weiblichen Angestellten hätten abends Angst gehabt, zu ihren Parkplätzen an der Lutherstraße zu gehen.
Die beiden Frauen beschäftigt der Augenoptiker jetzt in seinem Wetteraner Geschäft direkt am dortigen Hauptbahnhof. Wittener Kunden, die ihm in Wetter die Treue halten, will Fandel die Fahrtkosten erstatten - „wenn sie mit Bus oder Bahn anreisen".
>>>Auch das Möbelgeschäft Hansen schließt
Auch das Möbelgeschäft Hansen an der Hauptstraße/Ecke Konrad-Adenauer-Straße schließt Ende des Jahres seine Türen - nach 52 Jahren. 25 Jahre ist Elke Papsdorf die Inhaberin, die auch in Bochum ein Geschäft betreibt.
„Wir haben in Bochum zusätzliche Räumlichkeiten angemietet", sagt sie. Der Grund für die Konzentration auf Bochum habe nichts mit der Stadt Witten zu tun. „Ich schließe, weil Ende des Jahres mein Mietvertrag ausläuft", betont Papsdorf.