Witten. Am Donnerstagabend schließt das Impfzentrum für Witten. Der ärztliche Leiter zieht eine positive Bilanz – und teilt ein berührendes Erlebnis.
Noch bis Donnerstagabend hat das Impfzentrum in Ennepetal geöffnet. Dann schließt es wie alle Zentren in NRW endgültig seine Türen. Das Impfen liegt ab dann fast vollständig in der Hand der Hausärzte. Kurz vor Schluss sprachen wir mit Dr. Christian Füllers, ärztlicher Leiter des Impfzentrums des EN-Kreises.
Herr Füllers, wie erleben sie die letzten Tage im Impfzentrum?
Gerade in der letzten Woche ist die Zahl der Impfungen wieder erstaunlich nach oben gegangen. Am Montag etwa waren es 450 Impfungen. Die Wochen davor sind wir ja eher so vor uns hingedümpelt. Das nun noch einmal so viele kommen, liegt sicher am Ende der Lohnfortzahlung im Quarantänefall für Ungeimpfte und auch daran, dass die Schnelltests bald selbst bezahlt werden müssen.
Herrscht im Impfzentrum denn schon Aufbruchstimmung?
Nein, bis Donnerstagabend läuft ja der ganz normale Betrieb weiter. Das liegt mir auch sehr am Herzen. Es gibt viele Menschen, die noch keine Zweitimpfung haben oder auch solche, die jetzt schon mit der Auffrischungsimpfung dran sind. Sie können noch ohne Termin und Wartezeit zu uns kommen. Und außerdem wird der umgebaute Aldi-Markt ja auch weiter genutzt.
Wie denn?
Der Kreis hat das Gebäude weiterhin angemietet. Es werden ein paar Lager- und Büroräume geschaffen. Dort wird dann die neue koordinierende Covid-Impfeinheit unterkommen. Trennwände und Kabinen bleiben alle stehen. Da haben wir richtig Glück im Vergleich zu anderen Kommunen, die raus müssen, weil die Gebäude wieder für andere Zwecke genutzt werden. Wenn die vierte Welle doch noch rollen und die Hausärzte es nicht schaffen sollten, könnten wir hier in zwei bis drei Tagen wieder aufmachen.
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Was halten Sie vom Aus der Impfzentren in NRW?
Ich hätte gerne weiterhin ein kleineres Impfzentrum betrieben. In der jetzigen Form war es von den Kosten und dem Personal her zu viel. Aber in den Hausarztpraxen sehe ich schon einige organisatorische Schwierigkeiten, etwa weil ja immer direkt sechs Impflinge da sein müssen, wenn man keine Dosis wegwerfen möchte. Das hätten wir den Praxen abnehmen können, aber es wurde anders entschieden. Das neu erfundene Rad ist derzeit jedoch noch quadratisch, es rumpelt und rattert.
Wie geht es denn für Sie persönlich weiter? Werden Sie nun Ihren Ruhestand genießen?
Nein, so alt fühle ich mich noch nicht (lacht). Ich werde Regionalleiter des neuen Covid-Teams. Da bin ich die Verbindung zwischen der Covid-Einheit hier in Ennepetal, die dem Landrat unterstellt ist, und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Leider kann ich dann die Ärzte, die impfen, nicht mehr selbst organisieren, etwa für den Impfbus. Das läuft dann alles über die KV. Den Übergang organisieren wir gerade.
Was ist denn Ihre Bilanz des Zentrums in Ennepetal?
Wir haben eine Menge geschafft. Es war oft sehr spannend. Ich denke noch an unseren Start im Februar – mit tiefem Schnee und bei minus zehn Grad, als die Über-80-Jährigen den Anfang gemacht haben. Es gab an diesem Tag keine Ausfälle. Und wir hatten schon gefürchtet, dass niemand kommt. Ich erinnere mich auch noch gut daran, wie wir für das Laumann’sche Osterpaket binnen weniger Tage den Drive-in errichten mussten. Auf einmal sollten wir fast 9000 Astrazeneca-Dosen innerhalb von zwei Wochen verimpfen – und hatten in Ennepetal dafür gar nicht die Kapazitäten.
Und trotz manchmal sehr kurzfristiger Ankündigungen seitens des Ministeriums lief doch vieles rund...
Ja, wir haben hier im Kreis einfach ein super Team. Wir haben uns vor neun Monaten alle nicht gekannt. Wir wir uns zusammengefunden haben, das war toll. Wir können nur höchst zufrieden und stolz sein.
Gibt es etwas, das Ihnen besonders im Gedächtnis bleiben wird?
Da gibt es viele Geschichten, aber besonders diese. Noch ganz zu Beginn, als Impfstoff rar war, kamen zwei sehr betagte Männer zu uns. Nur einer hatte eine Einladung zum Impfen erhalten – und wollte sie an seinen Freund abtreten, weil es diesem schlechter gehe. Wir haben dann geschaut, was wir machen können. Dank einer Restdosis haben wir am Ende beide geimpft. Sie hatten Tränen in den Augen. Und haben gesagt, dass sie dann jetzt vielleicht noch ein paar schöne Jahre miteinander verbringen können.
Gibt es auch etwas, dass Sie bedauern?
Dass wir es leider und trotz großer Anstrengung nicht geschafft haben, 80 Prozent der Bevölkerung zu impfen. Das hätte ich gerne erreicht.