Witten. Ein 21-Jähriger Wittener hat sich im Internet als Frau ausgegeben, Männer in Sex-Chats gelockt und dann erpresst. Jetzt bekam er seine Strafe.

Im Internet reicht es, mit ein paar „heißen“ Fotos das männliche Geschlecht in einen Sex-Chat zu locken. Das dachte sich auch ein 21-jähriger Wittener, der sich langweilte und vor allem Geld brauchte, um wiederum im Netz Online-Casino zu spielen. Er gab sich als Frau aus. Hatte er die geilen Kerle einmal an der Angel, erpresste er sie mit dem, was sie von sich preisgaben. Nun stand er wegen gewerbsmäßiger Erpressung vor dem Amtsgericht in Witten.

Der junge Angeklagte ist von Anfang bemüht, einen guten Eindruck zu machen. Weißes Hemd mit Streifen, Brille und sofort ein Geständnis. „Was ich getan habe, war scheiße“, sagt er. Das Geld werde er den Opfern zurückzahlen. Es geht um 835 Euro, die er bei vier vollendeten Taten und zwei Versuchen erpresst hat. Trotzdem wird es für ihn eine ungemütliche Verhandlung.

Junger Wittener verspielte das Geld aus seinen Erpressungen sofort wieder

„Mir wurde mal erzählt, dass man so was machen könnte“, antwortet der junge Mann auf die Frage, wie er denn darauf gekommen sei. Wie so viele junge Menschen, die vor Gericht stehen, hat er eine steile Karriere hinter sich: Schulersatzmaßnahme, eine Art Hauptschulabschluss mit 17, Lagerarbeiter, berufliche Maßnahmen, Entzugsklinik wegen Cannabis, Arbeit in einem Wettbüro und selbst mit Unterbrechungen immer wieder Casino-Zocker im Internet, seitdem er 14 ist. Er hat mehrere Einträge im Zentralregister, Vergehen als Jugendlicher, versuchter Diebstahl, Sachbeschädigung, gemeinschaftlicher Raub, auch ein Körperverletzungsdelikt.

Mit 21 Jahren droht ihm diesmal eine Verurteilung nach dem Erwachsenenstrafrecht. Die Staatsanwältin sieht keine wirkliche Reue bei dem Angeklagten und will ihn für zwei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis schicken. Da ist der Rabatt fürs Geständnis schon einberechnet. Denn eine nachgewiesene Erpressung reicht für eine Mindeststrafe von einem Jahr.

Verteidiger hält gefordertes Strafmaß der Staatsanwältin für völlig überzogen

Der Verteidiger ist auf dem Baum, hält er dieses Strafmaß doch für „völlig überzogen“. Er führt unter anderem das umfassende Geständnis und das Alter seines Mandaten an. Dieser sei zur Tatzeit gerade 21 geworden und daher noch wie ein Heranwachsender zu behandeln. Außerdem habe dieser an seinen Defiziten gearbeitet und auch seine Spielsucht im Griff. „Der Fall schreit nach einer Bewährungsstrafe.“

Richterin Barbara Monstadt hält dem Beschuldigten diese Punkte ebenfalls zugute, betont aber, dass es sich nicht um Kavaliersdelikte handele. Dass das Internet Tür und Tor für solche strafbaren Handlungen öffne „und die „Typen sich darauf einlassen“, ließ sie zwar nicht außer acht. Doch all das rechtfertige es nicht, andere abzuzocken. Und: „Was mich stört, ist dieses Nachkarten. Sie haben den Hals nicht voll gekriegt!“ sagt die Amtsgerichtsdirektorin.

Wer einmal gezahlt hatte, wurde gleich wieder erpresst

Hatte der junge Mann zum Beispiel 100 Euro erpresst, legte er beim selben Opfer gern noch mal nach, sobald er das Geld wieder verspielt hatte. Wie er das erklärte? „Ich wurde wohl ein bisschen wuschig im Kopf, noch mal, noch mal“, gab er vor Gericht zu Protokoll. Der 21-Jährige drohte seinen sexhungrigen Chat-Partnern damit, alles deren Frau, Freundin oder Freunden zu verraten. Facebook lässt grüßen.

Ein Mann drohte ihm mit Anzeige und irgendwann flog der Erpresser auf, zumal er sein eigenes, mit Daten hinterlegtes Handy für seine Taten genutzt hatte. Richterin Monstadt beließ es schließlich bei einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Und 300 Sozialstunden. Sie schrieb ihm ins Stammbuch: „Übernehmen Sie endlich Verantwortung für sich!“ Nicht Familienangehörige, sondern er selbst solle seinen Opfern das Geld zurückzahlen. Jobs gebe es momentan genug, wo er es verdienen könne. Monstadt: „Die Gastronomie nimmt sie mit Kusshand.“