Sprockhövel. Die Sprockhövelerin Barbara Monstadt ist seit dem Jahr 2014 Leiterin des Wittener Amtsgerichts. Im Interview spricht sie über ihren Berufsalltag und gesteht: Auch eine Richterin hat Zoff mit Justizia.

Vor 21 Monaten übernahm die Sprockhövelerin Dr. Barbara Monstadt (55) das Wittener Amtsgericht als neue Direktorin. Im Gespräch mit WAZ-Mitarbeiter Dennis Sohner erzählt sie von ihrem Job.

Was war Ihr allererster Fall?

Dr. Barbara Monstadt: In meiner ersten Akte ging es um einen Nachbars-Dackel, der nicht so oft kläffen sollte. Da führte jemand über Wochen auf, wann der Dackel gekläfft hatte (lacht).

Gab es mal ein Urteil, das Sie nachträglich anders gefällt hätten?

In der Sitzung entscheide ich nach meiner Überzeugung. Sonst könnte ich abends nicht schlafen. Aber natürlich überlegt man zu Hause, ob man alles berücksichtigt hat.

Sie machen Straf- statt Zivilsachen. Da hat man mit „harten Jungs“ zu tun. Haben Sie da auch mal Angst abends vor der Tür?

Eigentlich nicht. Ich hoffe, dass immer noch ein gewisser Respekt vor den Personen vor Gericht da ist.

Sie gelten als sehr besonnen. Sind Sie noch nie ausgerastet?

Ein Anwalt fragte mich mal, ob er mich beim Schreiben stört, als er plädierte. Ich weiß nicht, ob er den Eindruck hatte, dass ich schon das Urteil schreibe, aber da bin ich laut geworden. Ich schreibe immer mit, damit ich alle Argumente habe.

Also hat man während der Plädoyers noch kein Urteil im Kopf?

Ich habe auch schon mal eine Meinung gehabt und sie während der Plädoyers überdacht. Ich habe gesagt: So kann man das auch sehen.

Ihre Urteile gelten als moderat.

Ich bin teils streng. Bei Kinderpornografie. Oder Widerstand gegen Polizisten. Ich will klarmachen: Das kann man nicht machen.

Hat man Respekt davor, mal selbst gegen das Gesetz zu verstoßen?

Ja, das ist so. Ich kann mir keine Trunkenheitsfahrt erlauben. In die könnte man theoretisch mal geraten. Da bin ich streng mit mir.

Hatten Sie mal ein heikles Erlebnis?

Ich habe mal ein Auto angeditscht. Da hatte ich Schweißausbrüche. Ich habe so lange gewartet, bis derjenige kam. Dass ich wegen einer Unfallflucht belangt werden könnte, geht natürlich überhaupt nicht.

Also: Noch kein Zoff mit Justizia?

Zu schnell fahren, das kommt mal vor. Dann zahle ich aber auch.

Wie kriegen Sie Ihren Kopf frei?

Viele Jahre war es für mich das Reiten. Da kann man sich nur noch mit sich und dem Pferd beschäftigen. Ich golfe auch gerne. Und Lesen – das bedeutet für mich, in etwas anderes abzutauchen.

Was lesen Sie?

Nichts Hochgeistiges. Krimis, Romane.

Wohin zieht es Sie im Urlaub?

Frankreich! Ich spreche noch ganz gut Französisch. Wenn man ihre Sprache kann, sind Franzosen die charmantesten Menschen.

Warum haben Sie einen „Dr.“?

Wenn es als Richterin nicht geklappt hätte, wäre der Titel vielleicht wichtig geworden. Damals waren Kanzleien nicht erpicht auf Frauen. Die Promotion habe ich da als Wettbewerbsvorteil angesehen.

Legen Sie Wert darauf, mit „Doktor“ angesprochen zu werden?

Ich habe drei Jahre dafür gearbeitet, insofern ist der Titel etwas wert. Aber ich hebe ihn nicht heraus, persönlich und privat habe ich damit überhaupt nichts am Hut.

Nehmen wir an, Sie müssten sich jetzt noch einmal neu für einen Beruf entscheiden, Jura ausge­schlossen.

Aus heutiger Sicht würde ich in dem Fall Psychologie studieren wie meine Tochter. Ich glaube, dass das, was wir Juristen machen, ein ­bisschen Hobbypsychologie ist. ­Psychologie war aber damals nicht in meiner Perspektive.

Gab es keinen anderen Berufswunsch außer Jura?

Ich habe schon relativ früh überlegt, dass es das ist. Ich war schon immer eine gute Vermittlerin.

Das heißt, Sie müssen sich nicht zur Arbeit schleppen.

Nein, ich habe meinen Traumjob.

Frau Monstadt. herzlichen Dank für das Gespräch.