Witten. Der Bund erstattet Apotheken Gratismasken, die sie an bestimmte Kunden verteilen. Verdienen die sich eine goldene Nase? Nachfragen in Witten.
Haben sich die Apotheken an den FFP-2-Masken, die sie kostenlos an Menschen über 60 und Risikopatienten ausgeben, eine goldene Nase verdient? Der Bund erstatte ihnen anfangs sechs Euro pro Stück, bei einem Einkaufspreis von zirka 1,50 Euro im Durchschnitt. Die WAZ-Redaktion griff die Debatte auf und sprach mit örtlichen Apotheken.
Verteilaktion bedeutete für Apotheken in Witten erhöhten Personalaufwand
Die Pandemiezeit sei auch für Apotheken nicht leicht, verneint Wittens Sprecherin Dorothe Werner, die mit ihrem Mann drei Apotheken führt, die Frage, ob sich Apotheken dank des Bundeszuschusses eine goldene Nase verdient hätten. Werner: .„Ich hatte seit Dezember erhöhte Personalkosten. Das Verteilen der Gratismasken erforderte mehr Hände.“ Für die Abgabe der Gratismasken richtete sie eine Extra-Ausgabestelle mit getrennter Kasse ein.
Insgesamt hatten oder haben die betreffenden Personengruppen Anspruch auf 15 Gratismasken, Obdachlose bekamen zehn. Werner gab sie gerade in der Anfangsphase auch an Menschen ohne Krankenkassen-Coupon weiter. „Denn je mehr Menschen gut geschützt sind, desto besser.“
Der Ansturm vor Weihnachten wegen kostenloser Masken sei grenzwertig gewesen, sagt die Apothekensprecherin rückblickend. Durch die Aktion seien die Maskenpreise zeitweise extrem in die Höhe geschossen, weil Engpässe entstanden. Heute sei die Situation entspannter – und für die zweite Phase der Gratisverteilungen ruderte Gesundheitsminister Jens Spahn Anfang Februar schließlich zurück. Seitdem werden den Apotheken „nur“ noch 3,30 Euro pro FFP2-Maske erstattet.
Apothekensprecherin aus Wittenerin: 20 bis 30 Prozent weniger Einnahmen durch Pandemie
Dass es den Apotheken dank der Bezuschussung insgesamt deutlich besser geht, kann Dorothe Werner nicht bestätigen. Die Apothekerin spricht von 20 bis 30 Prozent weniger Einnahmen aufgrund der Pandemie. Weniger Menschen gingen zum Arzt und ließen sich dort Rezepte ausstellen. Immer mehr Menschen bestellten Medikamente im Internet.
„Hinzu kommt, dass weniger Leute krank sind – von Corona abgesehen“, sagt die Apothekerin. Das sei generell etwas sehr Positives, mache sich aber bei den Einnahmen bemerkbar. Gerade für kleine Apotheken werde es in den nächsten Jahren sehr schwer werden. Das sei wie im Einzelhandel, so Werner.
Apothekerin aus Witten: Als es schließlich genug Masken gab, kam es zu Rabattschlachten
Auch Apothekerin Inessa Enbrecht spricht von einem erhöhten Arbeitsaufwand durch die Masken-Verteilaktion, gerade zu Beginn im Dezember. Natürlich seien die Erstattungen des Bundes kein Verlustgeschäft, sagt die Filialleiterin der Bären-Apotheke an der Pferdebachstraße. Doch die hohen Margen hätten ihre Tücken. „Als es schließlich genug Masken gab, kam es zu Rabattschlachten. Viele Apotheken spielten sich gegenseitig aus.“ Teilweise seien mehr Masken umsonst verteilt worden oder es habe gratis Desinfektionsmittel dazugegeben.
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Um rechtzeitig genug Mund-und-Nasenbedeckungen anbieten zu können, fuhr die Wittener Apothekerin Susanne Fischbach an manch einem freien Tag sogar selbst los, um die Masken abzuholen. Die Apothekenlandschaft habe sich mit der Pandemie komplett verändert – zum Normalbetrieb sei die Beratung rund um Covid hinzugekommen, so die Leiterin der Apotheke am Boni-Center. Zum hohen Erstattungspreis sagt Fischbach: „Wir Apotheken haben den doch nicht festgelegt. Das war der Bund.“
Nach Anfangspreisen von bis zu sechs Euro gibt es die FFP-2-Masken inzwischen deutlich günstiger, auch in Discountern und Drogeriemärkten. Aldi Nord verkauft sie zum Beispiel für 88 Cent das Stück, Lidl bietet ein Set mit 20 FFP2-Masken für 14,99 Euro an. In Drogerien finden sich Sets mit drei Masken für 3,95 Euro. Apotheken verkaufen sie im Schnitt für 1,95 Euro.