Witten. Wer hätte das gedacht: Wittens 597. Zwiebelkirmes ist eröffnet. Mit Freibier, Fanfaren und Traumwetter. Alles ganz normal – fast jedenfalls.
Es dröhnt und hupt, es kreischt und klingelt. All die typischen Geräusche auf dem Rummel, die wir wegen Corona so lange nicht gehört haben. Doch jetzt ist es nach langer Pause endlich wieder so weit: Die 597. Zwiebelkirmes hat tatsächlich begonnen. Noch bis Montag geht es rund auf Wittens ältestem und größtem Volksfest.
Es ist genau 17.17 Uhr, als Bürgermeister Lars König das Bierfass zum ersten Mal in seiner Amtszeit lässig ansticht und die Sause rund um den Saalbau damit offiziell eröffnet. Zur Hand geht ihm Vorgängerin Sonja Leidemann – schließlich hat sie jahrelang Erfahrung mit solchen Traditionen. Allen wünscht König ein „tolles Wochenende“, und er trifft den Nagel auf den Kopf, als er sagt: „Wer hätte das vor einigen Monaten für möglich gehalten.“
Stadtmarketing Witten: Menschen haben das vermisst
Kurz zuvor hatte Carsten Zierdt vom Stadtmarketing noch einmal ans Publikum appelliert, möglichst Abstand zu halten oder die Maske aufzusetzen, wenn’s eng wird. Überall weisen Plakate ebenfalls darauf hin. Dabei sollte, wer die Zwiebelkirmes besucht, ohnehin geimpft, genesen oder getestet sein. Letzteres haben 32 Menschen in den letzten Stunden, seit um 14 Uhr die Fahrgeschäfte öffneten, im Testzentrum des DRK nachgeholt. Es steht in Höhe des Amtsgerichts.
Tatsächlich wird es mancherorts ziemlich eng – oder zumindest scheint es trubelig. Klar, wir sind an solche Menschenmengen ja gar nicht mehr gewöhnt. „Ich glaube, alle haben das vermisst“, sagt Stadtmarketing-Chefin Silvia Nolte angesichts der vielen fröhlichen Gesichter. Recht hat sie.
Besucherin aus Witten freut sich über „normales Leben“
„Das ist endlich mal wieder ein bisschen normales Leben“, sagt Anneliese Lökenhoff. Sie ist mit Tochter, Sohn, Schwiegersohn und ihrem zehn Monate alten Enkel Luca hier. Angst, sich anzustecken, hat die 51-Jährige nicht. „Wir sind ja geimpft.“ Jetzt wollen sie einfach ein bisschen herumschlendern und den Abend genießen.
Auch Ursula Packhäuser steht beim Fassbieranstich ganz vorne und guckt gespannt zu. „Da hat doch jeder drauf gewartet, dass es wieder los geht. Ich finde das ganz toll“, sagt die 82-Jährige durch die Maske hindurch. Sie ist Stammgast auf der Kirmes, sei sogar dabei gewesen, als das Fass mal umgekippt ist.
Schaustellervereine schwenken Fahnen
Freibier, acht Bleche Zwiebelkuchen und der blaue Himmel entschädigen dafür, dass es diesmal keinen Festumzug gibt. Immerhin ziehen die Rebellenfanfaren aus Bochum lautstark auf den Platz. Tatsächlich habe er keine Musiker aus Witten gefunden, die hier trommeln und blasen wollten oder konnten, erklärt Organisator Matthias Pöck. Dafür schwenken Schaustellervereine ihre Fahnen, allen voran der aus Witten. So viel Tradition muss sein.
Viel Prominenz lässt sich blicken, Alt-Bürgermeister Klaus Lohmann mittendrin. Die Jugend genießt das Leben sichtlich – ob im Autoscooter oder im wirbelnden Breakdance. Kinder staunen, was es so alles gibt – manche haben so etwas vielleicht noch nie gesehen. Die Schausteller geben ihr Bestes, um die Besucher aufs Karussell oder an die Backkartoffel zu locken. „Tolle Preise“ verheißt der „Glücksprinz“ an seiner gleichnamigen Losbude.
Ja, es wurde Zeit, dass sich was dreht, um es mal mit Herbert Grönemeyer zu sagen. Und es ist längst noch nicht vorbei. Drei weitere Tage stehen auf dem Programm. Doch bei aller Begeisterung gilt: „Bleiben Sie bitte vorsichtig.“