Witten. Sie haben das Gröbste überstanden, sind aber noch schlapp und können schlecht riechen. Wie zwei Frauen aus Witten die Corona-Erkrankung erlebten.

An diesem Wochenende kommt alles zusammen. Die Heizung fällt aus, als draußen noch Minusgrade herrschen, und dann ist der Corona-Test auch noch positiv. Gut 14 Tage ist das her. Zwei Frauen Anfang 40 aus Witten, die sich mit dem Virus infiziert hatten und erkrankten, erzählen der WAZ von ihren Gefühlen und Gedanken und wie sie die zweiwöchige Quarantäne gemeinsam durchgestanden haben.

Die Whatsapp ist eindeutig, ohne das C-Wort überhaupt zu nennen. „Jetzt hat’s uns doch noch erwischt“, schreibt Laura* einem Bekannten, als sie weiß, dass ihr Test positiv ausgefallen ist. Angesteckt hat sie sich bei einer Freundin, die wie sie in einem Krankenhaus arbeitet und zuerst Symptome wie Gliederschmerzen und Schüttelfrost zeigt. „Ich dachte erst, das kommt von der Impfung“, sagt Pia*, die Freundin. Ihre Schlappheit führt sie auf ein hartes Jahr mit vielen Wechselschichten in der Klinik zurück. An Corona denkt Pia erst mal nicht. „Erst als Laura dann auch mit Gliederschmerzen ankam, wurden wir hellhörig.“ Die beiden Freundinnen verbringen viel Zeit miteinander.

So entscheiden sie sich denn auch, die Quarantäne zusammen zu verbringen. 14 Tage dürfen sie das Haus nicht verlassen. Ihnen ist allerdings auch nicht wirklich danach. Die erste Woche fühlen sich beide richtig krank. Wie ein stärkerer grippaler Infekt sei das gewesen. Hinzu kommt das typische Corona-Symptom, wenig zu riechen und zu schmecken. Das hat sich hartnäckig gehalten.

Pia aus Witten: „Ich habe mich selten so schlapp gefühlt“

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Einmal haben sich die beiden an Covid 19 erkrankten Frauen aus Witten etwas vom Griechen bestellt. Doch geschmeckt haben sie wenig.
Einmal haben sich die beiden an Covid 19 erkrankten Frauen aus Witten etwas vom Griechen bestellt. Doch geschmeckt haben sie wenig. © WP | Michael Kleinrensing

Selbst „scharfe“ Sachen wie Salbei, Hühnersuppe mit Ingwer oder Gyros mit Tsatsiki vom Griechen verfehlen ihre sonst empfindlichen Geschmacksnerven. Als die Gliederschmerzen bei Laura aufhören, schlägt ihr die Covid-19-Erkrankung auf die Nebenhöhlen. Und dann ist da noch diese große Kraftlosigkeit. „Ich habe mich selten so schlapp gefühlt“, sagt Pia. „Die erste Woche haben wir fast nur geschlafen.“

Pia geht davon aus, dass sie sich im Krankenhaus angesteckt hat. Wegen der Corona-Regeln habe sie ja ohnehin kaum jemand anderes getroffen, also außerhalb der Arbeit. Als sie weiß, dass sie positiv ist, geht ihr vieles durch den Kopf. Die schlanke, sportliche Frau spricht von „sehr gemischten Gefühlen“. Zum einen denkt sie erst mal an die anderen, nach dem Motto: „Bitte lass keinen sich angesteckt haben, der womöglich noch einen schlimmeren Verlauf hat.“ Zum anderen macht sich die medizinische Fachkraft „selbst Gedanken, dass ich eine potenziell tödliche Erkrankung habe“.

Die Lungen der beiden Frauen aus Witten bleiben zum Glück frei

„Ich seh in meinem Beruf ja auch das Unmenschliche, wie Menschen allein sterben“, sagt eine der beiden Frauen aus Witten. Hier das Bild von einer Intensivstation einer Klinik im Ruhrgebiet.
„Ich seh in meinem Beruf ja auch das Unmenschliche, wie Menschen allein sterben“, sagt eine der beiden Frauen aus Witten. Hier das Bild von einer Intensivstation einer Klinik im Ruhrgebiet. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Zum Glück bleibt die Lunge im Falle beider Frauen verschont. Bei den besorgten Nachfragen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis wird ihnen schnell klar, „dass viele Corona mit einer Lungenentzündung gleichsetzen“. Wobei Pia vom Krankenhaus all die schlimmen Verläufe kennt. „Ich hatte die Tomografien von der Lunge im Kopf. Ich sehe in meinem Beruf ja auch das Unmenschliche, wie Menschen allein sterben, gerade die Älteren.“

Laura nahm’s vielleicht ein wenig lockerer, schließlich sei sie in ihrem Leben schon „viel kränker“ gewesen. Doch was sie nicht kennt, ist das 14-tägige Eingesperrtsein im Haus. „Irgendwie fühlt man sich schon ein bisschen wie ein Aussätziger.“ Eine Angehörige macht für die beiden zweimal einen Großeinkauf und stellt dann alles vor die Wohnungstür. „Wir durften ja nicht mal zum Briefkasten oder zum Wäschewaschen in den Keller.“

Der Nachbar aus Witten bringt samstags immer Kuchen

Berührt hat die beiden die Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft ihrer Mitmenschen. „Uns hat sogar ein Mann aus der Straße, den wir gar nicht kannten, seine Hilfe angeboten“, sagt Laura. Und ja, sie hätten sich schon eine bestimmte Tagesstruktur verordnet, ergänzt Pia. Dazu gehören das Warten auf die Anrufe des Gesundheitsamtes, aber auch die Vorfreude auf die kleinen Dinge des Lebens. „Ein Nachbar hat uns samstags immer Kuchen gebracht.“

Apropos Ämter. Hier habe es anfangs ein gewisses Zuständigkeits-Wirrwarr gegeben, wohl aufgrund ihrer unterschiedlichen Meldedaten. „Die Mitarbeiter waren aber sehr nett und kooperativ“, sagt Pia. Nun, wo sie das Ende ihrer Quarantäne fast erreicht haben und hoffen, sich „freitesten“ zu können, sprich negativ zu sein, haben die beiden Frauen nur noch einen Wunsch: „Einfach mal wieder raus und eine Runde spazieren gehen.“

*Name geändert

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