Witten. Der Ausbildungsmarkt in Witten leidet unter der Pandemie. Erst 15 Prozent der Bewerber im Kreis haben einen Ausbildungsvertrag unterschrieben.
Die Corona-Pandemie hinterlässt deutliche Spuren auf dem Ausbildungsmarkt in Witten und im EN-Kreis. Das geht aus einer ersten Zwischenbilanz der Arbeitsagentur Hagen hervor. Seit dem vergangenen Oktober haben sich noch einmal weniger Jugendliche um eine Lehrstelle beworben als noch im Ausbildungsjahr zuvor. Auch bieten die Unternehmen erneut weniger Lehrstellen an.
„In diesem Jahr ist auch auf dem Ausbildungsmarkt alles anders. Angebot und Nachfrage sind durch Corona geprägt“, fasst Katja Heck, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hagen, die Entwicklung zusammen. 613 Stellen sind bislang für Witten, Wetter und Herdecke gemeldet worden. 82 Stellen oder fast zwölf Prozent weniger als im März 2020. Ein Jahr zuvor warteten noch insgesamt 741 Ausbildungsplätze auf Bewerber.
Erst 15 Prozent der Bewerber haben einen Ausbildungsvertrag unterschrieben
Die Unternehmen hätten im Lockdown vielfach andere Sorgen gehabt, als sich frühzeitig um den betrieblichen Nachwuchs zu kümmern, sagt Agentur-Chefin Heck. Hinzu kommt: „Die Firmen sind zurückhaltender als im Vorjahr“, so Agentur-Sprecher Ulrich Brauer. Vielfach seien die Bewerbungsverfahren zwar schon abgeschlossen. Doch die Unternehmen würden ihre Entscheidungen, ob sie einen Ausbildungsvertrag abschließen, auf später im Jahr verschieben – nach den klassischen Startterminen im August und September.
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Die Folge: Bis Ende März hatten im EN-Kreis nur knapp 15 Prozent aller Bewerber einen Ausbildungsvertrag unterschrieben. Das sind 199 Jugendliche von knapp 1370. Doch es werde noch viel Bewegung in den Ausbildungsmarkt kommen, ist sich Brauer sicher. So sei auch nicht auszuschließen, dass, wenn das Pandemiegeschehen über den Sommer abflaut, noch weitere Stellen ausgeschrieben werden.
Erneut suchen weniger Jugendliche nach einem Ausbildungsplatz
Zugleich ist aber auch die Zahl der Jugendlichen, die sich bei der Agentur für Arbeit als Bewerber haben registrieren lassen, erneut deutlich zurückgegangen: von 748 jungen Frauen und Männern im Vorjahr auf aktuell 619 (-17,2 Prozent). Im letzten Bewerbungszeitraum ohne Corona, also von Oktober 2018 bis März 2019 hatten sich in Witten, Wetter und Herdecke noch 851 Jugendliche für eine Lehre interessiert.
328 Jugendliche suchen noch eine Lehrstelle
Aktuell suchen im EN-Kreis noch 704 junge Männer und Frauen einen Ausbildungsplatz. Ihnen stehen derzeit 785 unbesetzte Ausbildungsstellen zur Verfügung und damit statistisch 1,12 Stellen pro Bewerber. Die Chancen für junge Menschen in der Region haben sich im Vergleich zum Vorjahr damit verschlechtert. Damals war die Stellen/Bewerber-Relation 1,29. In Witten sind derzeit noch 368 der 613 gemeldeten Ausbildungsplätze unbesetzt. 328 Jugendliche suchen noch nach einer Lehrstelle. Jugendliche, die sich beruflich orientieren möchten, können sich jederzeit bei der Berufsberatung kostenfrei melden unter 0800 / 4 5555 00. Arbeitgeber können jederzeit freie Arbeits- und Ausbildungsplätze kostenfrei melden unter: 0800 / 4 5555 20.
„Nach gut einem Jahr Pandemie sind viele Jugendliche maximal verunsichert“, sagt Heck. „Anfangs waren durch die Schließungen der Schulen und bei uns selbst die Kontaktwege versperrt, die Jugendlichen kaum noch zu erreichen.“ Auch würden derzeit kaum Schnupper-Praktika stattfinden – sonst eine wertvolle Entscheidungshilfe für junge Berufseinsteiger.
Auf 100 Bewerber kommen in Witten rein rechnerisch 99 Stellen
Auf 100 Bewerber kommen im Bereich der Geschäftsstelle Witten, zu der auch Wetter und Herdecke zählen, im zweiten Corona-Ausbildungsjahr 99 Stellen. „Aber das passt nur mathematisch“, erinnert Brauer. Denn Bewerber und Stellen würden eben oft nicht zusammenpassen. Und: Viele Berufe hätten die Jugendlichen gar nicht auf dem Schirm, etwa Verfahrensmechaniker oder Logistiker.
Ausbildungsmarkt-Expertin Heck appelliert an Jugendliche wie auch an Betriebe, gerade in der aktuellen Situation Mut zur Ausbildung zu haben: „Der Fachkräftebedarf ist weiterhin da, und er wird nach der Krise wieder voll durchschlagen. Qualifizierte Arbeitnehmer werden immer gebraucht.“