Witten. Herdecke kann noch immer nicht die Versorgung der Psychiatrie-Patienten aus Witten übernehmen. Das Wittener EvK verfolgt weiterhin eigene Pläne.
Im Januar war der Ärztliche Direktor des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke noch zuversichtlich, dass seine Klinik im April die Pflichtversorgung für psychisch erkrankte Wittener übernehmen kann. Jetzt rechnet Prof. Alfred Längler mit einem „wahrscheinlichen“ Start im Juni. Grund seien coronabedingte Verzögerungen bei den notwendigen Umbauarbeiten im Krankenhaus. „Die Handwerker konnten nicht so arbeiten wie geplant.“
Nach der Vorgabe des Landes muss die Herdecker Psychiatrie bei ihrem Start über 110 Betten verfügen. Vor dem Umbau gab es 81. An der Wittener Pferdebachstraße unterhält das Gemeinschaftskrankenhaus noch eine Tagesklinik, in der Menschen mit Depressionen, Psychosen oder anderen psychischen Erkrankungen behandelt werden. Die Zahl der Behandlungsplätze soll dort auf 35 aufgestockt werden. Für den Ausbau habe man in Witten eine Immobilie zur Anmietung gefunden, sagt Mediziner Längler. Wo genau der zweite Tagesklinik-Standort geplant ist, dazu wollte er sich noch nicht äußern.
Ambulanz soll keine Konkurrenz für Psychiater in Witten darstellen
Fest steht: Es wird zusätzlich noch eine psychiatrische Institutsambulanz der Herdecker in Witten geben. Dort will das Gemeinschaftskrankenhaus Psychiatrie-Patienten eine ambulante Weiterbehandlung anbieten. Dafür sei ein Team aus Ärzten, Psychologen und einer Pflegekraft bereits gefunden, sagt Psychiater Prof. Helge Müller.
Der gebürtige Niedersachse hat vor einem Jahr die Leitung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke übernommen. Die noch für dieses Jahr geplante Ambulanz in Witten soll keine Konkurrenz für niedergelassene Kollegen darstellen, betont der 41-Jährige. Trotz des Versorgungsauftrags der Herdecker Klinik für Wittener Psychiatrie-Patienten bleibe es bei der freien Arztwahl, so Müller. So gebe es mit den Kollegen der Klinik in Hattingen-Niederwenigern eine gute Zusammenarbeit.
EvK-Geschäftsführer aus Witten rechnet mit einem Gerichtstermin im Herbst
Bislang sind die Herdecker nur für wenige psychiatrische Patienten aus Witten zuständig. Der Großteil wird stationär vom St.-Elisabeth-Krankenhaus in Niederwenigern behandelt. Was für Patienten und deren Angehörige lange Anfahrtswege bedeutet. Die Evangelische Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel, zu der das Wittener EvK gehört, wollte 18 Millionen Euro in einen Psychiatrie-Neubau auf ihrem Krankenhausgelände an der Pferdebachstraße investieren. Das NRW-Gesundheitsministerium erteilte dem Vorhaben im November 2019 aber eine Absage und beauftragte die Herdecker Klinik mit der Pflichtversorgung psychisch erkrankter Wittener.
Heinz-Werner Bitter, Geschäftsführer des EvK Witten, setzt sich weiter für eine Abteilung Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an seinem Krankenhaus ein. Bitter verweist auf die beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen anhängige Klage gegen das Land NRW. Die Evangelische Krankenhausgemeinschaft möchte, dass das Land seine Sachargumente vor Gericht darlegt, die zur Entscheidung für das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke geführt haben. Der Klinik-Chef rechnet für diesen Herbst mit einem Gerichtstermin in Gelsenkirchen.