Witten. Das Tierheim Witten-Wetter-Herdecke ist zurzeit voll. Ein neues Zuhause suchen quirlige Degus, Graupapagei Kevin oder Hund Franz. Ein Überblick.
„Aktuell sind wir mit 159 Tieren ziemlich ausgelastet“, sagt Kirsten Simon, Leiterin des Tierheims Witter-Wetter-Herdecke. Nachdem es ab Frühjahr 2020 im Zuge der Pandemie auffallend leer gewesen sei, weil praktisch jeder ein Haustier anschaffen wollte, habe es sich nun wieder normalisiert. In der hauseigenen Tierpension könnten zurzeit auch keine Pensionshunde aufgenommen werden. Im Gegensatz zu anderen Tierheimen gibt es bislang in Witten keine „Corona-Rückläufer“. Ein Grund, laut Simon: „Unsere Klientel überlegt es sich eher länger, bis man sich ein Tier anschafft.“ Ein paar heimatlose Vierbeiner möchte sie den Wittenern aber ans Herz legen.
Viele der Bewohner seien Fundtiere oder werden von Behörden aus schlechter Haltung in die Einrichtung an der Wetterstraße gebracht – auch exotische Tiere sind darunter. Kirsten Simon macht eine Käfigtür auf und sofort kommen zwei süße Fellknäuel angesaust: „Das sind handzahme Degus, eine Nagetierart, die ursprünglich aus den Anden kommt“, erklärt die 44-Jährige. „Sie sind zutraulich, süß, lustig. Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass sie noch hier sind, denn sie sind perfekt für Familien mit Kindern geeignet.“
Graupapagei Kevin hat sichtlich gelitten
Graupapagei „Kevin“ bietet mit seinem zur Hälfte fehlenden Federkleid und seinem hin- und herschwankenden dünnen Körper einen trostlosen Anblick. „Dieses arme Geschöpf wurde uns in sehr schlechtem Zustand gebracht, er konnte kaum noch stehen.“ Nachbarn hatten Kevins Besitzer hilflos auf dem Boden gefunden, er ist nun im Krankenhaus. „Es steckt also ein menschliches Schicksal dahinter.“ Im Moment wisse sie noch nicht, ob Kevin später zu seinem Besitzer zurückkehrt oder ob er vermittelt wird. „Erstmal päppeln wir ihn hier auf, dann sehen wir weiter.“ Interessenten dürften sich aber gerne melden.
Mitarbeiterin und Sittich Wiebke lieben Fotos
Auch die drei Nymphensittiche gleich neben Kevin suchen ein Zuhause, aber zusammen. „Die zutraulichste haben wir Wiebke getauft, weil sie sich für Fotos gerne in Pose wirft, genauso wie unsere freie Mitarbeiterin Wiebke“, sagt Simon und lacht. Die drei Sittiche könnten selbstverständlich fliegen und benötigten daher eine möglichst große Voliere, betont sie.
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Bei den Hunden wird es laut, sobald man in Sichtweite kommt, schlagen fast alle an. Nur die französische Bulldogge Franz bellt nicht. Der Hund guckt ganz treu hoch und sieht dabei aus, als könnte ihn kein Wässerchen trüben.
Franz täuscht mit seinem süßen Blick
„Ja, diesen Blick hat er perfektioniert“, sagt Kirsten Simon. Franz sei nämlich nicht erzogen worden. „Er hat gelernt, dass er seinen Willen mit seinem süßen Blick durchsetzt, notfalls beißt er auch mal.“ Das Problem: Insbesondere bei kleinen, süßen Hunden werde über vieles hinweggesehen, „und dann wundert man sich, wenn der Hund die Weltmacht an sich reißen will.“ Deswegen sei Franz bereits von zwei Familien im Tierheim abgegeben worden, zuletzt im vergangenen Sommer.
Schlecht erreichbar nach Hochwasserschaden
Das Tierheim ist seit Anfang der 80er Jahre auf dem Gelände an der Wetterstraße 77 untergebracht, Betreiber ist der Verein Tierheim Witten, Wetter und Herdecke.Jede Stadt muss vom Gesetz her entweder selbst ein Tierheim unterhalten oder mit einem zusammenarbeiten – wegen der Fundtiere. Für jedes Fundtier erhält das Tierheim von der Stadt zumindest zeitweise einen pauschalen Betrag und Tierarztkosten erstattet. Ansonsten wir das Tierheim aus Spenden und Beiträgen der Vereinsmitglieder finanziert.Durch einen Hochwasserschaden ist die Internetseite des Tierheims aktuell kaum zu erreichen und Email-Kontakt nicht möglich. Die Telefonnummer ist: 02302-644 50, auch ohne Termin ist ein Besuch zu den Öffnungszeiten möglich: montags, dienstags, donnerstags und freitags zwischen 14 und 18 Uhr, samstags von 10 bis 12 und 15 bis 17 Uhr.
„Wir arbeiten mit den Hunden an solchen Problemen, aber auch wenn wir sie in den Griff bekommen: Jede Person muss sich das selbst mit dem Hund erarbeiten.“ Für Franz hat die Tierheimleiterin noch Hoffnung: „Für ihn wünschen wir uns einfach Bulldoggen-erfahrene Halter ohne Kinder. Leute, die sich von dem zuckersüßen Blick nicht einlullen lassen – dann funktioniert das!“
Keiner interessiert sich für Balou
„Balou ist acht Jahre alt und bereits seit sechs Jahren bei uns, wir haben alles versucht, aber niemand interessiert sich für ihn.“ Der italienische Herdenschutzhund sei viel zu früh kastriert worden, wodurch er sehr unsicher sei. „Er hat ein Problem mit Fremden. Wenn er nicht ausweichen kann, geht er hoch. Wenn Fremde zu Besuch kommen, müsste man ihn wegsperren und draußen einen Maulkorb nutzen.“ Zu allen, die Balou kenne, sei er aber sehr lieb, ergänzt Kisten Simon. „Aber er wird langsam alt und immer trauriger. Ich wünsche mir, dass er wenigstens noch für ein paar Jahre ein schönes Zuhause bekommt.“