Witten. Erst sollte die Terminpflicht wegfallen, nun gilt sie auch für Buch- oder Blumenhandel. Die Wittener Händler freuen sich über mehr Gerechtigkeit.
Für Einzelhändler ist dieser Montag stressig: Am Morgen kippt das Oberverwaltungsgericht Münster die Auflagen für Geschäfte. Kurz darauf treten diese wieder in Kraft, stattdessen nimmt die Landesregierung die „Freiheiten“ für Buchhandel, Schreibwarengeschäfte und Gartenmärkte zurück. Bei Händlern in Witten kommt das Gerichtsurteil trotzdem gut an – sorgt es doch für mehr Gerechtigkeit.
Gekippt hatte das Gericht die Kundenbegrenzung (ein Kunde pro 40 qm) und die Pflicht für Kunden, einen Termin zu buchen. Dies sei nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar. Das sorgt für Hochstimmung bei Hans Menniger vom Annener Schuhhaus Stinshoff: „Ich habe gleich ein Poster rausgestellt: Offen ohne Termin“, so Menniger. Er hatte sich schon lange über die „irrwitzigen Regelungen“ für den Einzelhandel geärgert: „Ich darf nur zehn Leute in mein 400 qm großes Geschäft lassen, aber bei Real schieben sie sich gegenseitig die Einkaufswagen in die Hacken“, sagt er. Und: Warum galten Bücher oder Blumen als Waren des täglichen Bedarfs, Schuhe aber nicht? „Dass die Kinder mit ihren Zehen vorn an die Schuhe stoßen, zählt nichts?“
Sporthändler spürt nur kurze Erleichterung
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Feti Güvenc von „Intersport“ in der Stadtgalerie war am Morgen nur vorsichtig euphorisch gewesen. Das Terminsystem ließ er weiterlaufen. „Ich bin gespannt, wie lang wir überhaupt noch öffnen dürfen“, sagt er. Bei ihm wurde in den letzten Tagen immer häufiger das Prinzip „Sofort-Termin“ am Eingang des Geschäfts genutzt. Mit dem iPad werden direkt die Kundendaten erfasst. Telefonisch reservierten nur noch 40 Prozent aller Kunden vorab.
Was gilt denn nun? Susanne Trösken von der Modeboutique „By S.“ an der Ruhrstraße ist selbst schon durcheinander. Sie ist heilfroh über das „Click & Meet“-System, das wirklich gut genutzt werde. „In dieser Woche bin ich schon ausgebucht“, sagt sie. „Manchen Kunden begrüßen ausdrücklich die Ruhe im Geschäft. Und ich bin so dankbar, wie loyal die Kunden sind.“
Immer mehr Kunden kommen zum „Sofort-Termin“ vor Ort
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Beim Schuhhaus Stinshoff hat man sich viel einfallen lassen, um während des Lockdowns frische Sohlen an die Wittener Füße zu bekommen. Den „Drive-In“ nutzten relativ wenige Kunden. Gut lief die Terminvergabe an. Zuletzt kippte das Verhältnis. Immer mehr Kunden kamen zum „Sofort-Termin“ vor Ort vorbei, das heißt, sie füllten im Eingangsbereich des Geschäfts an einem Stehtisch Vordrucke aus. „Ein bisschen Leben ist wieder in unserem Geschäft, aber das wiegt nicht die Verluste auf, die uns zurzeit verloren gehen“, so Hans Menniger. Sein am Vormittag gebasteltes „Offen ohne Termin“-Schild musste er nachmittags schon wieder wegstellen.