Witten. Vor 50 Jahren erlebte Witten eines der größten Feuer in seiner Geschichte: Eine Halle von Kromberg und Schubert brannte aus.
An Karsamstag jährt sich einer der größten Brände in der Wittener Geschichte. 1971 stand die erst kurz zuvor errichtete Produktionshalle der Firma Kromberg und Schubert, kurz KroSchu, an der Pferdebachstraße in Flammen. Das Unternehmen stellt Bordnetzsysteme für Autos und Spezialkabel für andere Industriezweige her. Das Werk in Witten war damals die dritte Produktionsstätte des Wuppertaler Familienbetriebs.
Gegen 20.50 Uhr entdeckte der Nachtwächter der Firma den Brand. Die Telefonleitungen waren da durch das Feuer bereits außer Betrieb – und Handys gab es noch lange nicht. In seiner Verzweiflung hielt der Mann daher einen zufällig vorbeikommenden Autofahrer an und bat ihn, die Feuerwehr zu verständigen.
Himmel über der Pferdebachstraße in Witten färbte sich rot
Die Feuerwehrmänner der Wittener Wache waren an diesem Tag bereits häufig zu kleineren Einsätzen ausgerückt, die sich zum großen Teil aber als Osterfeuer entpuppt hatten. Daher hofften sie auch bei diesem Notruf auf einen schnellen, kurzen Einsatz. Doch es sollte ganz anders kommen.
„Wir sind damals von der Feuerwache an der Hauptstraße ausgerückt, kamen jedoch vor der Bahnschranke an der Pferdebachstraße zum Stillstand, da zunächst ein Zug passieren musste“, erinnert sich der damals 24-jährige Feuerwehrmann Ulrich Gehrke sen. (heute 74), der mit im Einsatz war. Fast im selben Moment wurde den anrückenden Einsatzkräften klar, dass es sich um ein größeres Ereignis handeln musste. Denn der abendliche Himmel in Richtung der Firma färbte sich bereits rot.
Feuerwehr musste direkt Verstärkung anfordern
Beim Eintreffen der Löschfahrzeuge stand die Halle in Flammen. Einsatzleiter Karl-Heinz Günther forderte sofort weitere Kräfte nach. Auch die Züge der Einheiten Altstadt und Heven wurden gerufen. Während die Männer der Hauptwache mit Atemschutzgeräten dem Feuer von innen zu Leibe rückten, versuchten die nachgerückten Kräfte den Brand von außen zu bekämpfen, um das Übergreifen auf benachbarte Hallen zu verhindern.
Kurze Zeit später, gegen Viertel nach neun, halfen dann auch die Löschzüge aus Annen und Stockum mit. Von mehreren Seiten und vom Dach einer benachbarten Halle aus versuchten die Einsatzkräfte, das Feuer in den Griff zu bekommen – mit insgesamt mehr als acht Löschrohren.
Nach 45 Minuten waren die Sauerstoffflaschen aufgebraucht
Nach 45 Minuten mussten neue Atemluftflaschen angefordert werden – und auch die Bochumer Berufsfeuerwehr rückte mit einem Tanklöschfahrzeug zur Unterstützung an. Dann war das Feuer – laut einem Bericht aus der damaligen Presse – eingekreist. Schätzungsweise 100 Feuerwehrmänner waren am Löschen des Brandes beteiligt. Gegen Mitternacht war der Brand weitestgehend gelöscht. Eine Brandwache blieb die Nacht über an Ort und Stelle.
Am nächsten Tag sprach der damalige Leiter der Feuerwehr, Heinrich Steinforth, vom größten Brand der Nachkriegszeit. Das Feuer habe bis zu eintausend Grad Hitze entwickelt. „50 Zentimeter starke T-Träger hatten sich völlig verzogen, das konnte man am nächsten Tag sehen“, erinnert sich Harry Kaszemekat (86), der am Tag nach dem Brand Nachlöscharbeiten an der niedergebrannten Halle durchführte.
Brände im Weichenwerk und bei Pelzer
Das Unternehmen Kromberg und Schubert gibt es bis heute – aber nicht mehr in Witten. Die Wuppertaler Firma beschäftigt mittlerweile mehr als 50.000 Mitarbeiter an über 40 Standorten weltweit. Sie stellt Bordnetzsystemen für die Automobilindustrie, Spezialkabel für andere Industriezweige und Kunststoffteile her. Der Brand bei Kromberg und Schubert war laut Feuerwehr der bis dahin größte Brand der Nachkriegsgeschichte in Witten. Größer waren viele Jahre später etwa der Brand im Weichenwerk der Deutschen Bahn (Juli 2015) und der zweite Brand bei Pelzer an der Brauckstraße 2017.
Trotz der Ausdehnung des Brandes schätzte sich die Firma gegenüber der Presse damals glücklich, war doch „nur“ eine Halle abgebrannt. Der damalige Werksdirektor wurde zitiert: „Gar nicht auszudenken, wenn der restliche Betrieb auch abgebrannt wäre. Die Feuerwehr hat gute Arbeit geleistet, ich habe mich bei den Männern bedankt!“
Autor Ulrich Gehrke ist der Sohn des im Text erwähnten gleichnamigen Feuerwehrmanns. Wie sein Vater, der bei dem Großbrand vor 50 Jahren dabei war und davon berichten konnte, ist Ulrich Gehrke ebenfalls zur Berufsfeuer Witten gegangen. Er ist Brandamtmann und Pressesprecher.