Neviges. Birgit Winzer ist Polizeihauptkommissarin, zuständig für Neviges. Was sie hier erlebt und warum eine Schulveranstaltung ihre Zukunft prägte.

Am liebsten geht sie donnerstags auf dem Wochenmarkt Streife. Weil an keinem anderen Tag die Fußgängerzone in Velbert-Neviges so belebt ist. „Ja, ich bin hier vor Ort für die Menschen da. Höre mir ihre Sorgen an, beantworte Fragen. Fußstreife ist ganz wichtig“, sagt Polizeihauptkommissarin Birgit Winzer, die zuständige Bezirksbeamtin für Neviges. Ob die besorgte Seniorin mal eben eine Kurzberatung zum Thema Einbruchschutz wünscht oder sich wütende Anwohner über Parksünder beklagen, ganz häufig laute dann der erste Satz: „Ach, wo ich Sie gerade sehe...“

Und dieser unkomplizierte, spontane Kontakt, der sei gewünscht, das sei gut so. Dass Birgit Winzer ziemlich oft angesprochen wird, liegt auch an ihrer positiven, fröhlichen Ausstrahlung, und die wiederum kommt nicht von ungefähr: „Ich bin sehr gerne hier, aus Neviges gehe ich freiwillig nicht wieder weg“, sagt die Mutter zweier erwachsener Kinder, die mit ihrer Familie auch in Neviges wohnt. In „ihrem“ Dorf, weil sie dann eben ganz nah dran ist an den Bürgern.

Velberter Polizistin fand Traumberuf durch gute Beratung

Ja, Birgit Winzer ist mit Leib und Seele Polizistin, und wenn jemand sagt, „unser Dorfsheriff“, dann sei das ganz ok. Noch heute kann sich die 52-Jährige an jenen Tag erinnern, der wegweisend war für ihre Zukunft. Denn so ganz genau wusste sie damals nicht, was sie mit ihrem Abi in der Tasche nun anfangen sollte. „Ich wollte gerne mit Menschen zu tun haben und es sollte kein langweiliger Beruf sein. An die Polizei hab ich, ehrlich gesagt, gar nicht gedacht.“

Keine Polizeiwache

Die Dienststelle in Neviges Stadtgarten 4 ist lediglich Birgit Winzers Büro. Es ist keine Polizeiwache, an der man etwa Anzeige erstatten kann.

Dafür zuständig ist die Polizeiwache in Velbert-Mitte, Heiligenhauser Straße 8. Die Wache ist rund um die Uhr besetzt. Telefon 02051 9466110

Bis sie damals mit der Schule – sie ging auf das Geschwister-Scholl-Gymnasium in Velbert –das Berufsinformationszentrum besuchte. „Ich hab da ein paar Fragen beantwortet, als erster Vorschlag kam: Polizei“, erzählt die begeisterte Sportlerin, die unter anderem regelmäßig schwimmt. „Ich war von Anfang an Feuer und Flamme, meine Mutter war erst nicht so furchtbar begeistert, aber ich wusste sofort: Das ist es.“ Nach der Ausbildung in Brühl versah Birgit Winzer ihren Dienst in diversen Städten des Kreises Mettmann, zuletzt in Ratingen-Lintorf.

Nch der Streife ist für Birgit Winzer dann Arbeit am Computer angesagt: „Vorgänge bearbeiten“.
Nch der Streife ist für Birgit Winzer dann Arbeit am Computer angesagt: „Vorgänge bearbeiten“. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Frühmorgens geht es vor die Schulen

Und wie sieht jetzt ihr Alltag in Neviges aus? Kurz nach Dienstbeginn um sieben Uhr in ihrem Büro am Stadtgarten heißt es: „Schulweg sichern, das mache ich an allen drei Grundschulen in Neviges an unterschiedlichen Tagen.“ Vor allem, „um gegen die Elterntaxis anzukommen“, erzählt Birgit Winzer. Pro Schule geben es immer drei bis fünf Eltern, die einfach nicht verstehen wollten, wie gefährlich ihr Verhalten sei. „Wenn es gar nicht anders geht, spreche ich auch Verwarngelder aus, letztens bei einer Mutter. 50 Euro, die stand auf dem Gehweg.“ Doch die meisten Eltern seien vernünftig und nehmen etwa die eigens eingerichteten Eltern-Haltestellen wahr. Apropos Schule: Hier und auch in den Kitas mache ihr die Verkehrserziehung „total viel Spaß, die Kinder freuen sich immer so, wenn man kommt“.

Abwechslungsreiche Arbeit auch am PC

Etwa gegen 9 Uhr geht es dann zurück ins Büro an den Schreibtisch „Vorgänge bearbeiten“, so Birgit Winzer. Und das sind unter anderem Haftbefehle. „Zurzeit hab ich hier vier“, sagt die Polizistin nach einem Blick ins Register. Was beileibe nicht heißt, dass vier Schwerverbrecher im beschaulichen Neviges unterwegs sind: So droht jemandem etwa Erzwingungshaft, wenn „Knöllchen“ partout nicht bezahlt werden. Und wer eine Geldstrafe in Höhe von 1700 Euro aufgebrummt bekommt und abtaucht, dem droht als Ersatzfreiheitsstrafe 80 Tage Knast. Nicht zu vergessen die Haftbefehle, wenn ein Angeklagter nicht zum Prozess erscheint und das Gericht eine polizeiliche Vorführung anordnet. „Von der Staatsanwaltschaft kommen außerdem die Aufenthalts-Ermittlungen, wenn amtliche Post nicht zugestellt werden kann“, erläutert Birgit Winzer. „Das erledigt sich manchmal schnell, manchmal muss man ermitteln. Da kann ich mich richtig rein wühlen, da bin ich hartnäckig.“

Opfer sind nicht allein

Auch die „Opfer-Nachsorge“ gehört zu ihren Aufgaben, etwa nach häuslicher Gewalt oder Einbrüchen: „Ich mache dann Termine, gehe dort vorbei“. Die Polizeihauptkommissarin sieht sich auch als ein Bindeglied zu anderen Institutionen. „Manchmal vermittele ich auch weiter, zum Beispiel an den SKFM“, mit dem Sozialdienst katholischer Frauen und Männer stehe man in guter Verbindung.

Wenn Birgt Winzer um 15 Uhr Feierabend hat, im Spätdienst ist das um 20 Uhr der Fall, geht es daheim erstmal mit Labrador Kessy ab nach draußen. „Ich liebe ausgiebige Spaziergänge“. Die genießt die Polizistin außer Dienst dann gern ohne Zwischenstopps und ohne das vertraute „Ach, wo ich Sie gerade sehe...“