Velbert-Neviges. Nathalia Prah gründete Lubiatara. Für sie mehr als Online-Shop, Verkaufstand und Job als Dreadlockstylistin. Für sie ist es ein Lebensgefühl.
Es duftet nach Räucherstäbchen in Nathalie Prahs Wohnung. Deko aus aller Welt macht ihr Wohnzimmer zu einem Wohlfühlraum. Es ist ein wenig, als wenn man in eine oder besser gesagt, viele fremde Welten taucht. Neben handgefertigtem Schmuck hängen ein paar Haarsträhnen, zu Dreadlocks geflochten.
Wer in dem Stuhl daneben Platz nimmt, muss reichlich Zeit mitbringen. Denn hier fertigt Nathalie ihren Kunden die Dreadlocks an. Der Stuhl, in Richtung einer breiten Fensterfront gerichtet, bietet ein wenig Aussicht auf das Gebiet am Nevigeser Rosenhügel und Nathalie die perfekte Gesprächspartnerin. Denn etwa acht bis zehn Stunden braucht sie, bis die Dreadlocks bei einem Neukunden fertig sind. Da kommt man eben meist ins Plaudern.
Mit Lubiatara möchte Velberterin Nathalie ein selbstbestimmtes Leben führen
Die Dreadlocks, das ist ein Standbein der 36-jährigen Nevigeserin in ihrer Selbstständigkeit. Ein zweites ist ihr Verkaufsstand, bei dem sie spirituelle Accessoires aus der ganzen Welt, am liebsten auf Festivals unter dem Namen „Lubiatara“, anbietet. Und da all das bislang nicht zum Leben reicht, arbeitet sie derzeit noch auf Hof Fahrenscheidt. Auch, um noch ein sicheres Einkommen zu haben. Denn als zweifache, alleinerziehende Mama, ist das besonders wichtig für sie.
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Doch schnell gerät die eigenständige Frau ins Schwärmen, wenn sie davon erzählt, wie sie als Jugendliche die Welt entdeckt hat. Mit gerade mal 18 Jahren ging es für sie ein halbes Jahr nach Afrika. Später nach Indonesien, Portugal und zu vielen anderen Plätzen dieser Erde. Nathalie Prah ist auf der ganzen Welt zu Hause, erlebt und lebt die Kultur, lernt ihre Menschen kennen und viele Freundschaften entstehen. Ihre ersten Dreadlocks macht sie sich etwa im Alter von 16 Jahren gemeinsam mit einer Freundin, sie geht in Clubs, in denen Reggae-Musik gespielt wird und fühlt sich in der Kultur der Rastafari zu Hause. „Ich war schon immer alternativ unterwegs“, gesteht sie und dennoch absolviert sie, ganz bodenständig, eine Ausbildung als Mediengestalterin.
Back to the roots möchte Nathalie gemeinsam mit ihren Kids
Sie hat einen normalen Job, eine normale Wohnung, führt ein normales Leben. Das ist aber nicht das, womit sich die Nevigeserin identifizieren kann. „Ich wünsche mir ein selbstständiges und unabhängiges Leben“, sagt sie. Und so fragt sie sich vor einigen Jahren, als ihre Kids schon auf der Welt waren: „Was will ich eigentlich?“ Und beginnt, wieder zu sich zu finden. Sie lernt ihren Freund kennen, gemeinsam bauen sie einen Van um. „Back to the roots“, möchte Nathalie Prah nun.
Die zahlreichen Verbindungen in die bereisten Länder helfen ihr, sie bekommt spirituelle Accessoires aus aller Welt zugesendet, die sie fortan auf Festivals in ganz Deutschland an einem kleinen Stand verkauft. Auch Dreadlocks zum Einflechten bietet sie an. „Immer mehr Leute haben mich dann gefragt, ob ich ihnen nicht auch die Frisur machen kann.“
Velberterin legt bei Handwerkskammer Prüfung ab
Also erweitert die Velberterin ihr Gewerbe, legt bei der Handwerkskammer zuvor eine Prüfung zu Dreadstylistin ab. Die Nachfrage ist groß. Egal ob aus dem Umkreis oder weiter entfernt. Bevor es an die Frisur geht, lädt Nathalie zu einem Beratungsgespräch in ihre Wohnung ein. „Ich schaue mir die Haare an und dann klären wir, in welchem Muster die Dreadlocks angeordnet werden sollen.“ Auch wer die Haarpracht, die im Glauben der Rastafari als Verbindung zu Gott gilt, nur ausprobieren möchte, ist bei ihr richtig. „Wir können fertige Dreadlocks einflechten, das hält dann etwa sechs bis acht Wochen.“
Unterwegs mit Lubiatara
Wer Nathalie auf ihrem spirituellen Weg begleiten möchte, der kann auf ihren Youtube-Kanal Lubiatara Natty vorbeischauen. Alle Infos zu Lubiatara gibt es auch im Internet auf der Shopseite www.lubiatara.de.
Auch auf Instagram hat Nathalie Prah zwei Kanäle. Dreadlockprojekte gibt es auf lubiatara_dreads. Mails gehen an nathalie@lubiatara.de.
Dann geht es, meist auf zwei Termine verteilt, an die neue Friseur. „Das schönste sind dann die guten Gespräche, die wir meist führen“, freut sich die Expertin. „Aber reden muss nicht sein, es läuft Musik im Hintergrund. Schweigen ist auch ok.“ Einige Kunden aber kommen besonders gerne genau wegen der Gespräche zu Nathalie. „Es heißt ja auch beim Friseur nicht umsonst, mit oder ohne Therapie.“ Auch wer bereits Dreadlocks hat, kommt immer wieder zu ihr. „Zur Dreadlockpflege“, erklärt sie.
Denn auch das ist etwa alle zwei bis drei Monate nötig. Sonst allerdings ist die Frisur äußerst pflegeleicht: „Je weniger man sie pflegt, desto besser“, ergänzt die Dreadstylistin. Wer seine Dreads loswerden möchte, dem hilft meist nur der Griff zur Schere. „Dann trägt man eben eine Kurzhaarfrisur“, auch das hat Nathalie Prah schon hinter sich, als sie sich ihre Dreads als Abschied von ihrer ersten Afrikareise abschnitt. „Behalten habe ich sie aber als Erinnerung.“ Längst sind die Haare nachgewachsen und die Dreads wieder lang.
Die zweifache Mama wünscht sich, mit „Lubiatara“ ihren Traum komplett zu machen: „Ein kleines Lädchen, in dem ich meine Accessoires anbieten kann, in dem schöne Musik läuft und man Freunde treffen kann.“ Und ein Gärtchen, in dem sie ihre Seele baumeln lassen kann. All das am besten mit ihrem Freund, der ebenfalls selbstständiger Dreadstylist ist, aber derzeit noch in Leipzig wohnt. „Ich möchte gerne einen Beruf haben, den ich leben kann und in dem es sich nicht anfühlt, dass man arbeiten gehen muss.“ Eben wieder das selbstbestimmte und alternative Leben führen, dass sie so sehr liebt.