Velbert. Statt Stäbchentests soll es auch für Velberter Grundschüler künftig Lolli- oder Spucktests geben, fordert unter anderem die Grundschule Birth.
Für Nina ist heute ein ganz besonderer Tag: zum allerersten Mal macht die Siebenjährige einen Coronatest. Die Erstklässlerin besucht die Notbetreuung der Grundschule Birth, seit dem vergangenen Montag werden auch hier künftig die Schüler zweimal pro Woche getestet. „Aufgeregt bin ich gar nicht“, erklärt Nina selbstbewusst, trotz Maske erkennt man ihr entspanntes Lachen, „ich weiß ja auch, dass ich das mache, um zu erfahren, ob ich krank bin oder nicht.“
Test für Grundschüler ungeeignet
Der Test, der den Schulen in NRW zur Verfügung gestellt wird, ist ein sogenannter Stäbchentest – im Beipackzettel des Herstellers Siemens steht, dass er bei Kindern unter 12 Jahren nur unter Aufsicht von Erwachsenen durchgeführt werden soll. Und genauso läuft es auch bei Nina: Schulleiterin Klose erklärt der Schülerin jeden einzelnen Schritt, gibt ihr alle Zeit, die für die Durchführung braucht.
Stäbchen mit Popel
„Nimm doch bitte mal das Fläschchen hier, von der Flüssigkeit brauchen wir jetzt genau zehn Tropfen, die in das Röhrchen kommen“, weist die Pädagogin an, gemeinsam werden die einzelnen Tropfen laut gezählt. Anschließend reißt Nina die Verpackung des Teststäbchens auf und steckt es erst in das rechte, dann in das linke Nasenloch, dreht es dort hin und her. „Da ist ja sogar ein Popel dran“, sagt sie mit Blick auf die Testwatte und grinst, Sabine Klose lacht unter ihrer Maske mit. „Nicht schlimm“, erwidert sie und erklärt das weitere Vorgehen.
Handhabung nicht kindgerecht
In ganz NRW zeigen sich viele Eltern und Schulen verärgert über den Einsatz dieses Testverfahrens. „Laut Aussage des Herstellers ist der Test für Kinder im Grundschulalter nicht geeignet“, erbost sich Denis Hirsch, Schulpflegschaftsvorsitzender an der Grundschule Birth und Vater zweier Grundschulkinder, „die Handhabung ist nicht kindgerecht, das Schulpersonal darf aber in die Testdurchführung nicht eingreifen.“
Fehlende Feinmotorik bei den Kleinen
Schulleiterin Sabine Klose kann diese Auffassung nur teilen. „Diese Tests überfordern einige Kinder ganz massiv, weil ihnen noch die Feinmotorik fehlt oder sie Angst vor dem Stäbchen in der Nase haben. Das bedeutet, dass wir jedem einzelnen Kind die volle Aufmerksamkeit bei der Durchführung schenken müssen, wir haben gestern für die Testung von 35 Kindern zwei Stunden gebraucht. Wie soll das erst werden, wenn wir demnächst täglich wieder rund 300 Kinder hier haben?“ Denn: Geschultes externes Personal gibt es nicht, die Betreuung der Testungen übernimmt das Schulteam. „Wir haben auch keine Schutzkleidung gestellt bekommen, wie sie normalerweise in Testzentren vorhanden ist“, ärgert sich Sabine Klose, „alles, was es an Schutz- und Hygieneartikeln hier gibt, haben wir selbst organisiert.“
Testungen absolut notwendig
Nina muss nun noch 15 Minuten auf ihr Testergebnis warten, bislang hat es an der Schule noch keinen einzigen positiven Test gegeben. „Ich möchte betonen, dass wir absolut hinter dieser Testmaßnahme stehen, es geht uns einzig und allein darum, dass wir für die Kinder kindgerechtere Tests wünschen, die weniger zeitaufwendig sind“, stellt Schulleiterin Klose nochmals klar.
Aktiv gegen die Pandemie
Diese Auffassung teilt sie mit Velberter Kollegen wie Sandra Deibel von der Grundschule Kastanienallee. „Wir müssen alle aktiv etwas gegen die Pandemie tun, dazu gehören auch die Schultestungen. Die Bedingungen sind tatsächlich nicht ideal, manche Tests musten auch wiederholt werden, weil sie ungültig waren. Das fordert schon viel Zeit, aber wir versuchen erst mal, mit dem, was uns zur Verfügung gestellt wird, zurechtzukommen.“
Kurzfristige Entscheidungen gewöhnt
Ilka Powilleit, Schulleiterin an der Sonnenschule in Neviges, erzählt, dass die ersten Tests erst am Montag geliefert wurden, das Personal sich dementsprechend kurzfristig vorbereiten musste, ebenfalls ohne professionelle Schulung von außen. „Was soll man machen?“, fragt sie sich, „wir sind es mittlerweile gewöhnt, auf kurzfristige Entscheidungen zur reagieren und diese pädagogisch herzurichten.“
Zähne zusammenbeißen
Weil das Eingreifen in die Testung verboten, eine Vorbereitung aber zulässig ist, zählt das Schulpersonal hier bereits vorab die Tropfen für die einzelnen Tests ab und gibt sie in die Röhrchen - das spart Zeit und die Gemeinschaftsflasche mit er Pufferlösung wandert nicht durch unzählige Hände. Auch die Grundschule Kuhstraße handhabt das so. „Wir finden diese Tests ebenfalls nicht optimal. Es bedarf viel Zeit, die man durchaus anders nutzen könnte, aber wir müssen jetzt die Zähne zusammenbeißen und hoffen, dass die Schulministerin ihr Wort hält und es ab Mai kindgerechtere Tests wie den Lolli oder den Spucktest geben wird“, so Schuleiter Wolfgang Köhler.
Hochengagiertes Schulteam
Ninas Ergebnis ist negativ. Und auch die anderen Kinder an diesem Morgen, manche von ihnen mit Angst vor dem Abstrich, haben ihren ersten Test geschafft - dank großer und einfühlsamer Unterstützung durch das Kollegium. „Es ist einfach wunderbar, so ein engagiertes Team um sich zu haben“, schwärmt Sabine Klose, „man kann sich nicht oft genug dafür bedanken.“