Essen. Er heißt „Schnelltest“, doch bis alle Schüler fertig sind, vergeht viel Zeit: Der Corona-Test hält den Unterrichts-Betrieb in Essen massiv auf.

Man nennt ihn „Schnelltest“ – aber so schnell geht’s dann doch nicht: Der Corona-Selbsttest, den in diesen Tagen alle Schüler ab Klasse 5 in den Schulen durchführen können, hält den Unterrichtsbetrieb ziemlich auf.

Ende letzter Woche hatten die ersten Essener Schulen die Schnelltests erhalten, und bis zum Beginn der Osterferien am Freitag soll jeder Schüler einmal einen Selbsttest durchgeführt haben – so die Idee der Landesregierung. Das Verfahren hat sehr viel Ärger an den Schulen und Verunsicherung unter Eltern ausgelöst. „Unsere größte Sorge ist: Was tun, wenn mehrere Schüler gleichzeitig ein positives Testergebnis haben?“, fragt Berthold Kuhl, Leiter der Frida-Levy-Gesamtschule in der Essener Innenstadt. Wer positiv getestet wurde, soll räumlich isoliert und „sensibel begleitet werden“, so die Vorgaben – bis die Eltern den betroffenen Schüler abholen. Bus fahren soll jemand der positiv getestet ist, nicht mehr.

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Erklär-Film des Testherstellers zu Beginn

Montagmorgen, kurz vor acht, der halbe Leistungskurs „Pädagogik“ der Stufe 12 (Q1) der Frida-Levy-Gesamtschule tritt zum Unterricht an. Es ist nur der halbe Kurs, denn: Es ist ja Wechselunterricht. Die andere Hälfte kommt am Dienstag. Wie auch immer: „Hat sich jeder das Erklärvideo angesehen?“, fragt Lehrerin Sabrina Fleck.

Sabrina Fleck und Anja Kirsten mit Corona-Tests in einem Oberstufenkurs.
Sabrina Fleck und Anja Kirsten mit Corona-Tests in einem Oberstufenkurs. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Weil nicht alle Finger nach oben zeigen, packt Frau Fleck den Beamer aus, stöpselt Kabel ein – und zeigt erst mal den Kurzfilm der Firma „Roche“, die den Schnelltest hergestellt hat. Er zeigt fröhliche Kinder und Jugendliche, die sich vorsichtig ein Wattestäbchen in die Nase schieben; untermalt mit Kaufhausmusik. Dazu der Sprecher: „Wenn der Test positiv ausfällt, bist Du sehr wahrscheinlich an Corona erkrankt.“

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Das ist genau das, was die Lehrer ihren Schülern bei einem positiven Ergebnis eigentlich nicht vermitteln sollen – denn: „Dann besteht erst einmal der begründete Verdacht einer Erkrankung und es folgt ein solider PCR-Test“, erklärt Berthold Kuhl.

Handhabung anfangs nicht unbedingt leicht

15 Minuten später fangen die Jugendlichen im Q1-Kurs mit dem Test an – Wattestäbchen auspacken, nicht an die Watte fassen, das Stäbchen mehrfach in den Nasenlöchern drehen, dann Ampulle mit Flüssigkeit öffnen, Stäbchen hineintunken, Ampulle zudrücken, Stäbchen in der Ampulle herumdrehen. Später dann genau vier Tröpfchen auf ein Testfeld träufeln. Ein Strich heißt: Du hast kein Corona. Zwei Striche heißen: Du hast Corona.

Wie war das jetzt noch mal mit der Ampulle und der Testflüssigkeit und dem Testfeld? „Die Handhabung ist beim ersten Mal schwierig und klappt nur reibungslos durch Vor- und Nachmachen“, sagt Schulleiter Berthold Kuhl. Lehrerin Sabrina Fleck hortet die Testfelder, beschriftet mit den Namen der Schüler, auf ihrem Lehrerpult. „Wenn jetzt bei einem Schüler der zweite Streifen erscheint, der auf ein positives Ergebnis hindeutet, würde dieser Schüler zunächst nicht mehr am Unterricht teilnehmen können, bis ein PCR-Test-Ergebnis vorliegt“, sagt sie.

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Die ersten Schülerinnen haben ihre Tests abgegeben; die Wattestäbchen kommen sofort in einen Müllbeutel. Jeder stellt sich an seinem Handy 15 Minuten Weckerzeit ein, so lange benötigt der Test, um ein valides Ergebnis zu zeigen. „Ich bin jetzt total nervös“, sagt eine Schülerin. „Was ist, wenn ich positiv bin und meine Eltern oder Großeltern anstecke?“ Ihre Mitschülerin, die ebenfalls soeben ihren Test abgegeben hat, pflichtet ihr bei: „Ich bin auch aufgeregt.“

Viele Schüler lehnen den Test ab

So vergeht die Zeit der ersten Unterrichtsstunde; nach etwa 50 Minuten ist der gesamte Kurs durch; einige Schüler wollten nicht mitmachen beim Test. Dass viele Jugendliche die Teilnahme ablehnen, hört man in diesen Tagen an den Schulen häufig – der wichtigste Grund: „Was ist, wenn ich positiv getestet bin? Morgen schreibe ich eine wichtige Klausur, dann muss ich die nachschreiben.“ Was niemand will.

Um neun Uhr steht fest: In diesem Raum ist niemand positiv. Zumindest nicht nach dem, was die Schnelltests anzeigen. Am Nachmittag werden die Schüler wieder zu Hause sein, womöglich Freunde treffen, die noch ohne Test-Ergebnis sind, mit Bus und Bahn fahren, im Supermarkt einkaufen. Wie viel Aussagekraft das Ergebnis des aufwendigen Tests von Montag dann noch hat, kann man sich denken.