Sprockhövel/Wuppertal. Tiere auf der Bühne bei Pina Bauschs Tanztheater sind keine Seltenheit. Für das neue Stück „Viktor“ kommen Schafe aus Sprockhövel zum Einsatz.

Da staunen die Mitarbeitenden des Opernhauses in Wuppertal derzeit nicht schlecht: Auf der Wiese im Innenhof grasen für ein paar Tage friedlich vier Schafe aus Sprockhövel. Zwei von ihnen, Ada und Lili, sind vierbeinige Schauspieler. Sie spielen im aktuellen Tanztheaterstück „Viktor“ mit.

Schon 2017 dabei

Bereits 2017 hatten die beiden weißen Moorschnucken-Damen in diesem Stück einen Auftritt, denn Pina Bausch hat des Kontrastes wegen weiße Schafe in ihrem Stück vorgesehen. Sie sind Objekt der Begierde einer Akteurin, die allerhand in die Waagschale wirft, um sie dem Besitzer abzukaufen.

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Die Rolle von Lili und Ada ist darauf beschränkt, dass sie auf die Bühne geführt und nach dem „Verkauf“ von der neuen Besitzerin wieder hinausgeführt werden. Die beiden vierbeinigen Tanztheater-Stars benötigen nichts weiter als die Gelassenheit, mit der sie über die Bühnenbretter spazieren und die so genannte  „Leinenführigkeit“. Sie tragen breite Stoffhalsbänder und laufen wie Hunde an der Leine. „Das üben wir schon für entsprechende Zuchtschauen. Damit fangen wir frühzeitig an, einige Wochen muss man mit jungen Schafen üben“, erläutert die erfahrene eingetragene Herdbuchzüchterin. Mit ihrem Mann Burkhardt Pfläging betreibt sie die Schafzucht als Hobby mit Leidenschaft, ihre Tiere gehören zur Familie. Die ist allerdings groß: über 70 Tiere, darunter auch einige rehbraune hornlose Kamerunschafe, bilden die Großfamilie.

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Burkhardt Pfläging ist Geschäftsführer vom Sinfonieorchester Wuppertal. Deshalb kann er aktuell mit einem Blick aus seinem Bürofenster vier seiner Familienmitglieder beobachten. Sie haben ein großes, eingezäuntes Wiesenareal, die Hobbyschäfer haben einen mobilen Unterstand mitgebracht, den Burkhardt Pfläging augenzwinkernd die „Wohnküche“ nennt. Hier liegt dick frisches, goldgelbes Stroh, hier hängen Bottiche mit frischem Wasser, hier gibt es Futter. Und: In der Region ein Muss, wegen der selenarmen Böden: „Ein Mineralleckstein muss auch aufgehängt werden, damit es nicht zu einer Unterversorgung der Tiere kommt“, haben die Schafzüchter den Aufenthalt vor den Proben und den Aufführungen perfekt vorbereitet. Das Fahren auf dem Hänger war auch kein Problem für die Tiere: „Das kennen sie, wenn wir sie zu anderen Weiden fahren“, erläutert Iris Behrens, und die Unterstände stehen auf den Weiden.

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Auch wenn ihre Tiere voller Vertrauen in die neue Umgebung und Ruhe ihr neues Gehege erkunden, neugierig vorbeikommende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mustern, steht das Wohl der Tiere für das Team Behrens-Pfläging an erster Stelle. Das Projekt ist vom Veterinäramt begleitet, die Tiere dürfen auf der Grundlage einer „Genehmigung zur gewerblichen Zurschaustellung von Tieren“ von Rechts wegen ihren Auftritt machen. Auch das Gebäudemanagement der Stadt hat die ungewöhnliche Flächennutzung begutachtet.

Es gibt eine Ersatzbesetzung für alle Fälle

Nur die achtjährigen Schwestern Lili und Ada kommen in der Vorstellung zum Einsatz, ihre Kameradinnen, Ida und Alma (beide sechs Jahre), sind als Gesellschafterinnen mit zum Opernhaus gekommen, weil Ida und Alma auch mit ihren Ohrmarken in der Genehmigung eingetragen sind: Und sollte in der „Erstbesetzung“ mal jemand indisponiert sein, wie das ja bei Künstlern schonmal vorkommt, stehen sie auch als trainierter Ersatz bereit. Weil die von Hand aufgezogenen „Flaschenkinder“ völliges Vertrauen zu ihren Menschen haben, hören sie auf ihren Namen, folgen Iris Behrens und Burkhardt Pfläging wie Hunde. Und weil sie – wie Ziegen auch - bisweilen gerne auch ein bisschen klettern, steigen sie auch die kleine Treppe zum Veranstaltungssaal hinauf und hinunter.