Oberhausen. Zwischen Helau und Herzenswärme: Die KG Blau-Gelb St. Marien hat im ambulanten Kinderhospiz in Oberhausen einen besonderen Karnevalstag gefeiert.

Blaue und gelbe Luftballons hängen an den Wänden. Im Foyer stehen Tabletts, auf denen mit Puderzucker überzogene Berliner liegen. Luftschlangen ringeln sich auf zusammengerückten Tischen. Im kleinen Begegnungssaal im Pallottihaus neben der katholischen Kirche von St. Prankatius in Oberhausen-Osterfeld liegen auf den Stühlen bunte Karnevalströten. Alles ist vorbereitet. Im ambulanten Kinderhospiz Möwenfest startet gleich eine Karnevalsfeier.

Möwennest-Kinder, Geschwister, Freunde, Karnevalisten: Bei einer Karnevalsfeier im ambulanten Kinderhospiz Möwenfest in Oberhausen tanzten alle gemeinsam zur Karnevalsmusik.
Möwennest-Kinder, Geschwister, Freunde, Karnevalisten: Bei einer Karnevalsfeier im ambulanten Kinderhospiz Möwenfest in Oberhausen tanzten alle gemeinsam zur Karnevalsmusik. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Junge Jecken haben sich verkleidet. Sie sehen aus wie Harry Potter. Sie gehen als kleine Prinzessinnen oder Asterix. Die bunten Tröten werden sofort ausprobiert. Man erkennt die Neugierde in ihren Gesichtern. Dort vorne, neben der großen Musikbox, wird gleich etwas passieren. 

Kurzes Programm, viele Mitmachgelegenheiten: Die Juniorentanzgarde der Karnevalsgesellschaft „Echte Fründe“ zeigte einen Showtanz.
Kurzes Programm, viele Mitmachgelegenheiten: Die Juniorentanzgarde der Karnevalsgesellschaft „Echte Fründe“ zeigte einen Showtanz. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Das Osterfelder Möwennest unterstützt schwer erkrankte Kinder oder Jugendliche und ihre Familien nicht stationär, sondern ambulant. Das Wirken ist vielschichtig: Die Mitarbeiter helfen Kindern mit lebensverkürzenden Erkrankungen bereits ab der Diagnose. Sie begleiten die Familie im Alltag. Informieren über Hilfsangebote. Lesen den Kindern vor oder spielen mit ihnen. Zugleich unterstützt das Möwennest auch Kinder, deren Eltern schwer erkrankt sind.

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Schwere Schicksale und eine fröhliche Karnevalsfeier mag manch Außenstehender als unvereinbaren Gegensatz betrachten. Doch das Gegenteil ist der Fall. „Wir wollen genau solche Tabus auflösen und zeigen, dass unsere Arbeit nicht von tiefer Traurigkeit geprägt ist“, sagt die Möwennest-Koordinatorin Gisela Müntjes. „Die Freude muss ihren Platz finden.“ 

Karneval Oberhausen 2025: Kinderaugen glänzen bei klimpernden Karnevalsorden

Anita Klar ist Mitarbeiterin im Möwennest und zugleich Karnevalistin bei der KG Blau-Gelb St. Marien. Daraus wuchs die Idee einer gemeinsamen Karnevalsfeier. Die Eltern wurden nach der jecken Idee befragt. Und es fanden sich viele Interessenten. „Passt es zusammen? Es passt zusammen!“

Kein Termin wie jeder andere: Auch Prinz Bagga I. aus dem Dreigestirn der Karnevalsgemeinschaft „Dampf drauf“ klatschte mit den Kindern.
Kein Termin wie jeder andere: Auch Prinz Bagga I. aus dem Dreigestirn der Karnevalsgemeinschaft „Dampf drauf“ klatschte mit den Kindern. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Sieben Familien sind gekommen. Auch einzelne Geschwister und Freunde sind dabei. Eine bunt kostümierte Delegation von St. Marien mit ihren ulkigen Dreispitzhüten tanzt in farbigen Uniformen vor den klatschenden Kindern und Eltern. Aus den Boxen schallt das „Fliegerlied“ von Tim Toupet. Das Handy ersetzt das DJ-Pult. Sie singen gemeinsam: „Heut’ ist so ein schöner Tag!“

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Ein bisschen skeptisch schaut der ein oder andere am Anfang noch. Aber als die Kinder selbst auf die Tanzfläche dürfen, sieht man ihnen die Freude in den Augen an. Eine Polonaise zieht durch die Flure. Manche Knirpse halten sich an den Zipfeln der Karnevalsuniformen fest.

Lachen und Tanzen: Im Begegnungsraum des ambulanten Kinder- und Jugendhospizes Möwennest in Oberhausen feierte die KG Blau-Gelb St. Marien mit Möwennest-Kindern, Geschwistern, Eltern und Freunden.
Lachen und Tanzen: Im Begegnungsraum des ambulanten Kinder- und Jugendhospizes Möwennest in Oberhausen feierte die KG Blau-Gelb St. Marien mit Möwennest-Kindern, Geschwistern, Eltern und Freunden. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Auch Prinz Bagga aus dem Oberhausener Dreigestirn verteilt sein Helau und erklärt kurz, warum alle um ihn herum so „wild kostümiert“ sind. Für den Regenten war es selbstverständlich, zu kommen. Der Besuch wurde im Team vorher besprochen. „Es ist ein sehr emotionaler Moment, dessen Bedeutung man mit etwas Abstand noch stärker spürt.“ 

„In eine vollbesetzte Stadthalle zu marschieren, ist toll. Aber Auftritte wie hier werden immer im Gedächtnis bleiben.“

Prinz Bagga I.
beim Karneval im ambulanten Kinderhospiz Möwennest

Weiter geht‘s. Die Juniorengarde der „Echten Fründe“ marschiert durch den schmalen Türbogen. Es wird über den einstudierten Spagat gestaunt und lange geklatscht. Alle üben zusammen den karnevalistischen Gruß: „Helauuuu!“

Eine Polonaise führte bei der Karnevalsfeier der KG Blau-Gelb St. Marien in Oberhausen durch die Räume und Flure.
Eine Polonaise führte bei der Karnevalsfeier der KG Blau-Gelb St. Marien in Oberhausen durch die Räume und Flure. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Später verteilt der Prinz noch seine klimpernden Orden. Für einige Kinder ist das Halsband der blinkenden Plaketten viel zu lang und wird spontan zusammengeknotet. Knirpse umfassen die dicken Orden mit ihren kleinen Händen und schauen auf die bunten, auf Metall gepressten Motive. Die kostümierten Kinder treten stolz wie Oskar neben den Regenten. Sie dürfen sogar das große Holzzepter für ein Selfie festhalten. Man hört im Gemurmel ein leises „Toll“ heraus.

Karneval Oberhausen 2025: Möwennest-Familie fährt auf dem blau-gelben Karnevalswagen mit

Das Möwennest-Team hat eigene Orden aus Holz und Pappe gebastelt. Jetzt verteilen die Kinder ihre Orden an die Narren. Die grüne Ordensfarbe erinnert an den Tag der Kinderhospizarbeit, der wenige Tage zuvor bundesweit auf die wichtige Arbeit aufmerksam machte.

Erst bekamen die Möwenfest-Kinder einen Karnevalsorden überreicht. Dann erhielt das Oberhausener Dreigestirn samt Pagin einen selbstgebastelten Orden als Geschenk zurück.
Erst bekamen die Möwenfest-Kinder einen Karnevalsorden überreicht. Dann erhielt das Oberhausener Dreigestirn samt Pagin einen selbstgebastelten Orden als Geschenk zurück. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Manch ein uniformierter Jeck seufzt. Es ist Karneval von seiner herzlichsten Seite. Rund 50 oder mehr solcher Termine absolvieren Oberhausener Tollitäten in einer Session. In Alteneinrichtungen oder Werkstätten für Menschen mit Handicap. Es ist die soziale und menschliche Seite des Karnevals, die auf einem starken ehrenamtlichen Wirken basiert und oft unsichtbar bleibt. Und auch eine manchmal im Halligalli versinkende Narrenwelt besinnt sich auf ihren ureigenen Kern. Prinz Bagga: „In eine vollbesetzte Stadthalle zu marschieren, ist toll. Aber Auftritte wie hier werden immer im Gedächtnis bleiben.“  

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Das Leuchten in den Augen der Kinder verrät: Der Nachmittag hat funktioniert. Koordinatorin Gisela Müntjes: „Ich bin begeistert, wie gut die Karnevalsfeier bei den Kindern ankommt. Wir wollen das auf jeden Fall wiederholen.“ Und Anita Klar von Blau-Gelb St. Marien hält noch eine Überraschung bereit: „Eine Familie fährt beim Kinderkarnevalszug auf unserem großen Umzugswagen mit.“

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