Oberhausen. Die Arbeitsmarktexperten vor Ort haben eine tabulose Bewertung der Wirtschaft und der Arbeitsmarktlage vorgelegt. Das ist leider notwendig.

Zu wenige Lehrstellen, zu geringe Berufs-Betreuung von Schülern, zu viele Langzeitarbeitslose mit nur Helfer-Wissen, zu risikoreiche Branchenstruktur - die schonungslose Analyse durch die Chefs der Arbeitsbehörden ist leider notwendig, um die Verantwortlichen im Stadtgebiet aufzurütteln. Das jahrelang gute Wirtschaftswachstum hat Schwächen in Oberhausen verdeckt, noch immer scheinen aber viele Wirtschafts- und Politik-Akteure den Ernst der Lage nicht erkannt zu haben.

Dabei sind natürlich Weltereignisse, wie große Fluchtbewegungen, oder die akute Deutschlandschwäche bei Wachstum, Energiepreisen und verpassten Auto-Trends nicht kommunal aufzufangen, doch das bedeutet nicht, dass die Akteure vor Ort ihre Hände in den Schoß legen sollten.

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Ob Handwerkskammern, die IHK, die Unternehmensverbände, die Wirtschaftsförderung, die Schulen oder die Jobberater für junge Leute - sie haben alle hingenommen, dass die ohnehin magere Ausbildungsbereitschaft der Oberhausener Betriebe in den vergangenen zehn Jahren noch weiter gesunken ist: von knapp 24 Prozent auf 21 Prozent.

Nur jede fünfte Firma bildet hier aus - und das trotz aller Warnungen vor der sinkenden Zahl an Schulabgängern, Überalterung der Belegschaften und zunehmendem Mangel an fähigen Arbeitskräften. Noch nicht einmal rechnerisch existiert für jeden Schulabgänger eine Lehrstelle. Und bisher ohne lauten Aufschrei blieb der gefährliche Trend, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Oberhausen innerhalb nur eines Jahres um zehn Prozent gestiegen ist.

Redet im Analyse-Gespräch über die Arbeitsmarkt-Bilanz des Jahres 2024 im Stadtgebiet Oberhausen Klartext: Jürgen Koch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Oberhausen und Mülheim.
Redet im Analyse-Gespräch über die Arbeitsmarkt-Bilanz des Jahres 2024 im Stadtgebiet Oberhausen Klartext: Jürgen Koch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Oberhausen und Mülheim. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Merkwürdig: Schülerinnen und Schüler hören in Oberhausen nach Erfahrung der Arbeitsagentur oft nichts mehr von den zahlreichen „Übergang-in-den-Beruf“-Experten, wenn sie in der achten Klasse ihre Potenzialanalyse mit ihren Stärken und Schwächen durchlaufen. Folge: Orientierungslos pendeln sie nach der zehnten Klasse zwischen Tiermedizin und Bauzeichnerei, wo praktische Tipps und Praktika mal weiterhelfen könnten.

Viele junge Leute gehen nach ihrem Abschluss deshalb einfach weiter zu irgendeiner Schule oder besuchen Kurse, stecken fernab des echten Arbeitslebens in Warteschleifen fest. In einer Studie hat die Bertelsmann-Stiftung ermittelt, dass ein Viertel dieser Jugendlichen bundesweit in eine Lehre einsteigen könnte, wenn es das Angebot gäbe.

Zumindest für junge Menschen können auf kommunaler Ebene Lösungen erreicht werden. Dafür sollte man ein Bündnis für Arbeit gründen - mit allen wichtigen Akteuren aus der Wirtschaft, den Schulen, der Stadt, den Arbeitsbehörden, den Jugendbetreuern an einem Tisch.

Oberhausen benötigt einen konkreten und verpflichtenden Plan, um die Schwächen des Standorts für junge Menschen Schritt für Schritt zu beseitigen - mit Druck auf ausbildungsunwillige Betriebe. Das muss gelingen, um der Gefahr zu begegnen, dass hier eine neue Generation von Langzeitarbeitslosen heranwächst.

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