Oberhausen. Für einen exklusiven Termin im Schloss Oberhausen verbünden sich namhafte Kunsthäuser und Zeichner, um am Jahrestag ein Zeichen zu setzen.
Der terroristische Anschlag auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ vor zehn Jahren löste weltweit Bestürzung aus. Mit dem Ausspruch „Je suis Charlie“ bekundeten Menschen in ganz Europa ihre Solidarität und forderten den Schutz der Presse- und Kunstfreiheit. Die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen gedenkt nun des zehnten Jahrestages dieses Angriffs auf die Demokratie.
Zwei mit Sturmgewehren bewaffnete islamistische Terroristen hatten an jenem 7. Januar 2015 vor und in den Redaktionsräumen mitten in Paris zwölf Menschen erschossen, darunter den Herausgeber und Zeichner Stéphane Charbonnier („Charb“), die Zeichner Jean Cabut („Cabu“), Bernard Verlhac („Tignous“), Philippe Honoré und Georges Wolinski, den Journalisten und Mitinhaber der Zeitschrift Bernard „Oncle“ Maris, als einzige Frau die jüdische Kolumnistin Elsa Cayat, den Lektor Mustapha Ourrad sowie zwei Polizisten. Mindestens 20 weitere Menschen wurden teils schwer verletzt. „Bis heute“, schreibt das Team der Ludwiggalerie in seiner Pressemitteilung, „beeinflusst dieses schreckliche Ereignis die Arbeit von vielen Zeichnerinnen und Zeichnern nachhaltig“.
Fragen zur Kunst- und Meinungsfreiheit, zur Zensur und zu den Grundrechten werden in Folge des Attentates aufgeworfen. Den zehnten Jahrestag des Anschlags würdigt die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen nun gemeinsam mit dem Wilhelm Busch Museum Hannover, dem Caricatura Museum Frankfurt, der Caricatura Galerie Kassel, dem Dortmunder Schauraum Comic und Cartoon und der Cartoonlobby e.V., um gemeinsam ein Zeichen zu setzen, nämlich mit der Präsentation ausgewählter Werke zeitgenössischer Karikaturistinnen und Zeichner.
Gegen den „Gotteslästerungsparagrafen“
Die Karikatur als Kunstform hält der Gesellschaft bereits seit Jahrhunderten einen Spiegel vor, übt Kritik und sägt am Stuhl der Autoritären. So hat sie maßgeblich dazu beigetragen, dass sich die demokratischen Gesellschaften Europas von den Zwängen der Zensur befreiten. Vor dem Hintergrund des Rechtsrucks in Deutschland und etlichen Nachbarländern steht kritische Kunst heute wieder im Spannungsfeld zwischen Kunstfreiheit, Politik und gesellschaftlichem Konsens.
Die „Free Charlie!“-Kampagne der laizistischen Giordano-Bruno-Stiftung tritt für die Abschaffung des sogenannten „Gotteslästerungsparagrafen“ (§ 166), ein, nach dessen Wortlaut die Überlebenden der „Charlie Hebdo“-Redaktion in Deutschland hätten verurteilt werden können. Auch Düsseldorfs prominenter Wagenbauer Jacques Tilly, dem die Ludwiggalerie 2020 seine erste Museumsausstellung einrichtete, engagiert sich für die Stiftung, benannt nach dem als „Ketzer“ verbrannten Philosophen aus dem 16. Jahrhundert. Zudem unterzeichneten zahlreiche Zeichner die Petition.
Kuratoren fordern die „Befreiung der Satire“
Ricarda Hinz, als Kuratorin des Satirefensters „Spott sei Dank!“ und Michael Schmidt-Salomon vom Vorstand der Giordano-Bruno-Stiftung versammeln in „Free Charlie! Satire kann man nicht töten“ religionskritische Zeichnungen und Textbeiträge deutscher Karikaturisten, die sich mit dem Attentat, dem Paragrafen 166 und dem 2006 vorausgegangenen Streit um Mohammed-Karikaturen auseinandersetzen. Der gleichnamige Film beleuchtet die Hintergründe zur Rechtsgrundlage des Paragrafen und kommentiert das Verhältnis von Satire zu Religion, Politik und Geschichte. Gemäß dem Titel fordern sie die „Befreiung der Satire“ – auch auf gesetzlicher Ebene. Buch und Film erscheinen am 7. Januar 2025 und werden erstmals exklusiv in der Ludwiggalerie vorgestellt.